Unternehmensgeschichte der Rhenania-Brauerei J. Wahlen / Overstolz-Bräu

 
Die „Rhenania Brauerei J. Wahlen wurde im Jahr 1900 in der Roßstraße 14 in Köln-Ehrenfeld gegründet. Über die Brauerei und ihren Gründer ist sehr wenig bekannt. Produziert wurde u.a. „Overstolz-Bräu“.
Die nächste Erwähnung nach der Gründung findet sich in den Geschäftsberichten der Adler-Brauerei, ebenfalls aus Köln-Ehrenfeld [5]. Hier heißt es: „…… Die G.-V. v. 18./10. 1905 beschloss Ankauf der Rhenaniabrauerei in Köln-Ehrenfeld, Rossstr. von der Firma J. Wahlen in Cöln mit Wirk. ab 1./1. 1906 für zus. M. 1 050 000 wovon M. 500 000 in neuen Aktien der Adlerbrauerei u. M. 550000 durch hypoth. Eintragungen zu 4 1/2 % belegt wurden. Mit dieser Brauerei gingen auch die Gesamt-Einrichte nebst Kundschaft der Brauerei Barth in Höhenberg u. der Brauerei Stauff in Köln an die Ges. über. Die drei übernommenen Brauereien haben zus. ca. 52 000 hl Bierabsatz. Für den Betrieb der Rhenania-Brauerei wurde eine besondere Ges. m. b. H. gegründet, welcher Ges. die Rhenania-Brauerei mit Einrichtung für jähr. M. 10 000 verpachtet wurde. Die Adler-Brauerei A.-G. besaß hiervon -M. 19 000 St. Anteile. …“.
Die Adler-Brauerei übernahm also die Rhenania-Brauerei von J. Wahlen, welcher allerdings Aktien im Werte von 500.000 Mark erhielt und damit, die gleichzeitige Kapitalerhöhung auf 2.000.000 Mark mit eingerechnet, ein Viertel der Aktien der Adlerbrauerei besaß [8]. Die Rhenania-Brauerei wurde als obergäriger Ableger weitergeführt und in eine G.m.b.H. umgewandelt. Geschäftsführer war Anton Endres, das Stammkapital betrug 20.000 Mark.
Die Brauerei J. Wahlen muss schon im Vorfeld die Majoritäten an der Brauerei Barth in Höhenberg sowie die der Brauerei Stauff in Köln-Arnoldshöhe übernommen haben, weil sich diese mit in der Verkaufsmasse befanden. Von diesen beiden Brauereien wurden allerdings nur die Einrichtungen und Vorräte ("... mir allen Maschinen, Utensilien, Fastagen, Fuhrwerk, Pferden und überhaupt dem ganzen toten und lebenden Inventar ...) übertragen, nicht die Gebäude selbst.
Bis 1910 firmierte die Brauerei dann als „Rhenania Brauerei GmbH“, wobei die GmbH bereits 1909 aufgelöst wurde und der Betrieb ab diesem Zeitpunkt vollständig für Rechnung der Adlerbrauerei erfolgte. Die Firmierung als Filialbrauerei ab 1910 lautete „Rhenania Brauerei, oberg. Brauhaus der Adler-Brauerei A.-G.“, wobei schon 1911 die Firmierung in „Obergäriges Brauhaus Overstolzbräu“ geändert wurde.
Im Geschäftsbericht der Adler-Brauerei des Geschäftsjahres 1909/1910 taucht Carl Wahlen (vermutlich der Sohn von J. Wahlen) als Mitglied des Aufsichtsrats auf. Vermutlich als Teil des Deals und vermutlich schon seit 1906.
Im Jahr 1916 erfolgt die nächste Umfirmierung in „Adlerbrauerei AG Abt. Overstolzbräu“. Ob danach noch gebraut wurde ist unklar, vom Einstellen der Brautätigkeit auf Grund von Versorgungsengpässen durch den ersten Weltkrieg ist die Rede. 1920 ist dann definitiv Schluss, die Brauerei in der Roßstraße wurde stillgelegt.
Nach einigen Jahren Leerstand wird das Gebäude dann von der belgisch-niederländische Firma Kwatta erworben und die „Kwatta Kakao- und Schokoladenfabrik“ gegründet. 1964 ist auch damit aus wirtschaftlichen Gründen Schluss. Anschließend gibt es verschiedenen Nutzungen der Gebäude, aber bis heute ohne wirkliches Konzept für die Erhaltung der historischen Gebäude.

Firmierungen der Rhenania Brauerei
Zeitraum Firmierung Anmerkung
1900 – 1906 Rhenania Brauerei J. Wahlen  
1906 – 1910 Rhenania Brauerei GmbH  
1910 – 1911 Rhenania Brauerei, oberg. Brauhaus der Adler-Brauerei A.-G.  
1911 – 1916 Obergäriges Brauhaus Overstolzbräu  
1916 – 1920 Adlerbrauerei AG Abt. Overstolzbräu Vermutlich unter dieser Firmierung keine Brautätigkeit mehr
 

Historische Bilder und Warenzeichen
(WZ001)
Warenzeichen "OVERSTOLZ-BRÄU" aus dem Jahr 1910,
Eingetragen von der Adler-Brauerei Akt. Ges.
(WZ002)
Warenzeichen "OVERSTOLZ-BRÄU" aus dem Jahr 1936,
Eingetragen von der Hirsch-Bräu Aktiengesellschaft.
Eigentlich identisch mit WZ001, warum nochmals eingetragen ist unklar (ggf. wegen der abweichenden Firmierung, obwohl Hirsch und Adler ja 1931 fusioniert sind)
 
(WZ003)
Warenzeichen "Overstolz" aus dem Jahr 1936,
Eingetragen von der Hirsch-Bräu Aktiengesellschaft
(PK001)
Postkarte einer Gaststätte / Kiosk ? mit Overstolz-Bräu im Ausschank.
"Original Ausschank Overstolz Bräu"
"Echt Kölsch   direkt vom Fass   per Glas 10 Pfg."
 
(W002) [8, 21.06.1902]
Beim Stiftungsfest des Turn-Club Köln-Nippes im Jahr 1902 ist 1a Lagerbier der Rhenania-Brauerei im Ausschank
(WO002) [8, 02.12.1911]
Anzeige der Restauration "Im Gerberhaus" aus dem Jahr 1911. Im Ausschank: Overstolzbräu
(F003) [unbekannt]
Ausschnitt eines Fotos einer Restauration mit
"Ausschank Rhenania Bräu Köln"

                                     
(WO004) [#, 28.05.1910]
Anzeige der Adler-Brauerei aus dem Jahr 1910. Die Anzeige nimmt Bezug auf die "Spezial-Brauerei für obergäriges Bier", als auf die ehemalige Rhenania-Brauerei
(WO003) [8, 12.07.1913]
Anzeige der Adler-Brauerei aus dem Jahr 1913. Geworben wird für Overstolz-Bräu, einem echten Kölsch von unübertroffener Qualität 
(WO001) [6]
Werbeanzeige der Restauration Overstolzbräu aus dem Jahr 1921. Nicht von der Brauerei, die es da ja schon nicht mehr gab, sondern vermutlich ein Ausschank der Adler-Brauerei, welche vermutlich ein Bier unter dem Namen Overstolzbräu weiter produziert hat.
 
(W001) [9]
Werbung der Schokoladenfabrik Kwatta aus dem Jahr 1925
(F001)
Foto der Gebäude der ehemaligen Rhenania-Brauerei um 2010.
Links ist das gut erhaltene Sudhaus zu sehen, rechts daneben der 1928 von der Fa. Kwatta erstellte Anbau
(F001) [7]
Ein weiteres Foto der Brauerei, diesmal aus Sicht der Schokoladenfabrik
(F002)
Foto der Gebäude der ehemaligen Rhenania-Brauerei aus dem Jahr 1980.
Aus der anderen Perspektive wie F001 ist ganz links noch das ehemalige Verwaltungsgebäude der Brauerei zu sehen
 

Anmerkungen
» Als Gründungsjahr der Brauerei und als Jahr der Errichtung der Brauerei in der Roßstraße wird auch öfters 1890 angegeben
» Teile der Brauerei sind, als eine der wenigen Industriebauten in Köln um die Jahrhundertwende, bis heute erhalten. Außer Teilen der oberirdischen Gebäude auch die unterirdischen Lagerkeller der Brauerei. Die ca. 1000 Quadratmeter Gewölbe bestehen aus vier stollenartigen Hallen, von denen sich jede auf rund 7 mal 35 Metern in der Tiefe ausbreitet. Gebäude und Gewölbe stehen mittlerweile unter Denkmalschutz
» Karl Wahlen trug den Titel eine „Kommerzienrats“. Dieser Titel wurde im Deutschen Reich bis 1919 an Persönlichkeiten der Wirtschaft verliehen, die auch Leistungen für das Gemeinwohl erbracht hatten.
» Über J. Wahlen ist wenig bekannt. Über Karl Wahlen ein wenig mehr. Er hat sich wohl vielfältig engagiert und taucht als „Fabrikbesitzer“ in verschiedenen Kontexten auf. Z.B. 1907 in einem Mitgliederverzeichnis der „Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde“, in dem er seit 1898 Mitglied war, sowie im Verband der Hausbesitzer, in dem er Schatzmeister war. Karl Wahlen starb im Jahr 1922, da in einer Veröffentlichung des Verbands der Hausbesitzer aus diesem Jahr ein Nachruf für Karl Wahlen enthalten ist
» Vermutlich hat die Adler-Brauerei und dann auch die Hirsch-Brauerei in den 1930er Jahren auch ein Overstolz-Bräu auf den Markt gebracht. Die Rechte dazu gingen mit der Übernahme der Adler-Brauerei an die Hirsch-Brauerei über. U.a. ließ die Hirschbrauerei das 1910 von der Adler-Brauerei eingetragene Warenzeichen 1936 auf ihren Namen erneut eintragen. Es ist auch nicht klar, ob insbesondere die abgebildeten Bierdeckel noch aus den Zeiten der Rhenania-Brauerei stammen.
 

Etiketten
   
(001)
(Sammlung Mittenzwey)
   

Bierdeckel
 
(002)
"Overstolz Bräu", ohne Angabe der Brauerei
(unbekannte Sammlung)
(001)
"Overstolz Bräu", ohne Angabe der Brauerei
(unbekannte Sammlung)
 
                                           
 

Prägeflaschen
     
(248) (251)      
ca. 0,7l ca. 0,4l      
 
 
 
 
 
Quellen
1 „Kwatta Kakao- und Schokoladenfabrik in Ehrenfeld”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-296868 (Abgerufen: 1. Juni 2020)
2 Historisches Verzeichnis alter Biergläser/Krüge aus dem Köln/Bonner Raum, Hrsg.: Wolfgang Wukasch
3 http://www.rheinische-industriekultur.com/seiten/objekte/orte/koeln/objekte/Schokoladenfabrik%20Kwatta.html, besucht am 03.06.2020
4 Adressbuch für die gesamte Brau-Industrie Europas, Band I: Deutschland, 8. Jahrgang, 1910, Verlag von Eisenschmidt & Schulze GmbH, Leipzig
5 Die Deutschen Brauereien im Besitze von Aktien-Gesellschaften, Verlag für Börsen- und Finanzliteratur A.-G., 1911
6 "Kölner Kneipen im Wandel der Zeit (1846 bis 1921), Lambert Macherey, 1921, Selbstverlag
7 "Kölner Wirtschaftsarchitektur von der Gründerzeit bis zum Wiederaufbau", Wienand Verlag, 1996
8 "Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger", Berlin, Ausgabe 04.01.1906
8 "Kölner Lokal-Anzeiger", Ausgaben: 21.06.1902, 02.12.1911, 12.07.1913
9 "Adressbuch der Stadt Kölnr", Verlag Greven, Ausgabe 1925