Das „Brauhaus Wiesdorf“ wurde im Jahr 1908 von Peter Menrath
gegründet und war damit die erste Brauerei in Wiesdorf überhaupt. Die
Brauerei wurde vermutlich bis Anfang der 1920er Jahre betrieben und
anschließend der Betrieb nur noch als Restauration fortgeführt.
Im Jahr 1925 wurde Peter Menrath in seiner eigenen
Restauration von randalierenden Gästen erschlagen und der Betrieb wurde im
Anschluss durch seine Witwe weitergeführt. Diese übergab den Betrieb im Jahr
1932 an den Gastronomen Karl Lundschien, der ihn bis Ende der 1930er Jahre
weiterführte.
(ST001)
Stammbaum des relevanten Teils der Familie Menrath
Die Familie Menrath in Lützenkirchen und Wiesdorf
Der Stammbaum der Familie Menrath lässt sich über 6
Generationen bis ins 18te Jahrhundert zu einem gewissen Thomas Menrath
zurückverfolgen. Zu dieser Zeit war die Familie in Küppersteg ansässig und
in der Landwirtschaft tätig. Da alle männlichen Vertreter des für die
Brauerei
relevanten Zweigs der Familie in den nächsten 5 Generationen den Namen
„Peter“ trugen, ist eine Zuordnung nicht immer einfach.
Der im Jahr 1822 geborene Peter Menrath, der Vater des
späteren Brauereigründers Peter Menrath, war vermutlich der erste Vertreter
der Familie, welcher als Wirt tätig war. Zu Beginn wird er noch als „Ackerer“
bezeichnet, im Kontext eines Immobilienverkaufs in der Gemeinde Wiesdorf im
Jahr 1867 taucht aber erstmals ein Peter Menrath auf, welcher als Wirt
bezeichnet wird („…in der Wohnung des Wirthes Herrn Peter Menrath, zu
Pfeilshof, in der Gemeinde Wiesdorf…“) [9:26.01.1867].
Ende der 1890er Jahre gibt es dann mehrere Nennungen eines
Wirtes namens Peter Menrath in Wiesdorf, z.B. tagte im Jahr 1899 die Ortskrankenkasse
beim „Wirte Peter Menrath zu Wiesdorf“ [1:08.04.1899]. Bei diesem Peter
Menrath dürfte es sich schon um den Sohn des vorgenannten Peter Menrath,
also den Brauereigründer, selbst gehandelt haben. Weitere Informationen vor
Gründung der Brauerei sind nicht bekannt.
(W001) [9:26.01.1867]
Erste Nennung eines Wirthes "Peter Menrath" in Wiesdorf aus dem Jahr 1867
(W029) [1:08.04.1899]
Weitere Nennung eines Wirtes "Peter Menrath". Vermutlich ist hier schon
Peter Menrath jun. gemeint
Die Gründung des „Brauhaus Wiesdorf“ durch Peter Menrath (1908)
Der Gründer des „Brauhaus Wiesdorf“, der im Jahr 1869
geborene Peter Menrath, war mit Gertrud Müller verheiratet, mit welcher er
mit Johann Heinrich und Peter 2 Söhne hatte.
Am 8. Januar 1908 erschien folgende Anzeige in der Opladener
Zeitung, in der die Gründung der ersten Wiesdorfer Brauerei angekündigt
wurde:
[1:08.01.1908] „…Brauhaus Wiesdorf. Unter diesem Namen nimmt
Herr Peter Menrath am Mittwoch die erste Wiesdorfer Brauerei in Betrieb,
nachdem ihm in diesen Tagen die Genehmigung zum Brauen erteilt worden ist.
Die Brauanlagen sind fertiggestellt und mit dem Einkellern von Eis, das
zurzeit von der Dhün entnommen wird, ist schon begonnen worden. Wie wir
erfahren, beabsichtigt Herr Menrath, nur erstklassiges obergähriges Bier zu
brauen. Das erste Erzeugnis wird voraussichtlich in etwa sechs Wochen in den
Handel gehen…“
Es ist in der Anzeige von Wiesdorfs erster Brauerei die Rede,
was auch stimmt. Zeitgleich wurde die „Germanen-Brauerei von Dorn & Seffen“
erbaut, deren Bau sich aber verzögerte und welche deshalb erst später im
gleichen Jahr in Betrieb ging. Die Germanenbrauerei ging allerdings bereits
2 Jahre später Bankrott und wurde von der Familie Ganser übernommen, welche
ihren Betrieb daraufhin von Lechenich nach Wiesdorf verlagerte
Wie es genau zur Gründung der Brauerei kam und wo Peter
Menrath das Handwerk des Brauens erlernt hatte, ist nicht bekannt.
6 Wochen nach der Ankündigung gab es in der Presse schon das
erste positive Feedback zum Menrath’schen Bier.
[1:24.02.1908] „…Das Wiesdorfer Brauhaus des Herrn Ph.
Menrath hat inzwischen schon in einigen hiesigen Lokalen obergäriges Bier
verzapft und, wie wir hören, mit ihrem Produkt überall Anerkennung
gefunden…“
Die erste eigene Anzeige schaltete Peter Menrath wiederum 2
Wochen später, am 6. März 1908:
[1:06.03.1908] „…Brauhaus Wiesdorf Peter Menrath.
Erstklassiges obergäriges Bier, äußerst gesundes und bekömmliches Getränk.
Zu haben in fast allen Wirtschaften Wiesdorfs und der Umgegend…“
Mit der Feststellung „Zu haben in fast allen Wirtschaften
Wiesdorfs und der Umgegend“ übertrieb Peter Menrath vermutlich ein wenig, es
ist nicht anzunehmen, dass der in der kurzen Zeit schon so massiv Fuß fassen
und die bisherigen Lieferanten verdrängen konnte. Aber Marketing war auch
damals schon wichtig, was Peter Menrath scheinbar wusste.
Die in der Kaiserstraße 15 in Wiesdorf gelegene Brauerei war
als reine Brauerei ohne angeschlossene Restauration konzipiert.
Wahrscheinlich wurde zu dieser Zeit von der Familie Menrath noch eine
Restauration in Wiesdorf betrieben, belegt ist dies aber nicht (die letzte
bekannte Nennung einer Restauration von Peter Menrath stammt aus dem Jahr
1899 [1:08.04.1899]).
Die sollte sich aber noch im Jahr 1908 ändern, im Dezember
übernahm Peter Menrath den in Wiesdorf in der Hauptstraße 135 gelegenen
„Schützenhof“, welcher daraufhin als „Brauhaus Wiesdorf“ bezeichnet wurde.
[1:02.12.1908] „…Wiesdorf, 1. Dez. Der Schützenhof,
bisheriger Inhaber Herr Philipp Schott, ist mit dem heutigen Tage in den
Besitz des Herrn Peter Menrath, Besitzer des Brauhauses Wiesdorf,
übergegangen…“
Der Schützenhof war bis dahin von Philipp Schott geführt
worden. Wann der Schützenhof gegründet wurde ist nicht bekannt. Was nicht
ganz ins Bild passt ist die Tatsache, dass Philipp Schott den Schützenhof im
Jahr 1908 noch hatte modernisieren lassen.
[1:22.02.1908] „…Einen modernen Umbau seines Lokales hat
Philipp Schott, Hauptstraße, vorgenommen. Die bisherigen kleinen Räume zu
beiden Seiten des Eingangs sind zu einem großen, den wachsenden Ansprüchen
des Verkehrs entsprechenden Raume vereinigt worden, der, hübsch
eingerichtet, in Zukunft einen angenehmen Aufenthalt bieten wird…“
Philipp Schott zog es anschließend auf die andere Rheinseite.
Gegenüber von Wiesdorf, in Kasselberg, eröffnete er eine neue Restauration
[1:17.09.1910].
(W002) [1:06.03.1908]
Erste Anzeige des Brauhaus Wiesdorf aus März 1908. In dieser Anzeige wird
noch auf keine eigene Restauration hingewiesen
(W048) [1:03.10.1907]
Die Restauration des Brauhaus Wiesdorf war der ehemalige "Schützenhof",
welcher zuvor von Philipp Schott geführt worden war. Anzeige des Schützenhof
noch vor der Übernahme aus dem Jahr 1907
(W049) [1:13.02.1908]
Weitere Anzeige von Philipp Schott aus Februar 1908. Hier ist auch die
Adresse Hauptstraße 135 angegeben.
(W050) [1:17.09.1910]
Nach Aufgabe des Schützenhof eröffnete Philipp Schott eine Restauration in
Kasselberg, direkt gegenüber von Wiesdorf auf der anderen Rheinseite gelegen.
Anzeige aus dem Jahr 1910
Der Betrieb des „Brauhaus Wiesdorf“ durch Peter Menrath (1908-1925)
Peter Menrath war sehr aktiv in verschiedensten Wiesdorfer
Vereinen, so z.B. der freiwilligen Feuerwehr, der St.
Sebastianns-Schützen-Bruderschaft oder auch im Karneval. Sehr praktisch,
weil er damit auch die Treffen dieser Vereine in seine Restauration lenkte.
Im Jahr 1910 gründete sich die erste Wiesdorfer Karnevalsgesellschaft unter
dem passenden Namen „Wiesdorfer Karnevals-Gesellschaft“. Peter Menrath war
nicht nur Mitgründer, er war auch der erste Wiesdorfer Karnevals-Prinz
überhaupt [2].
Wie gut diese Mitgliedschaften die Mitglieder in seine
Restauration lenkten zeigt stellvertretend folgende Anzeige aus dem Jahr
1913, welche 3 Bälle bei Peter Menrath aufführt:
[1:01.02.1913] „…Festprogramm der Wiesdorfer
Karnevalsgesellschaft 1910. Sonntag, den 2. Februar, von 4 Uhr ab: Großer
Maskenball bei Herrn Peter Menrath. Außerdem um 7 Uhr: Sitzung im
Vereinslokal bei Herrn H. Giesen. Montag, den 3. Februar, mittags 12 Uhr:
Antreten zum Rosenmontagszug bei Herrn H. Giesen (Wacht am Rhein). Nach
Schluß desselben: Großer Gala-Kostümball bei Herrn Peter Menrath. Dienstag,
den 4. Februar. 2 Uhr: Große Kappenfahrt. Von 4 Uhr ab: Großer Schlußball
bei Herrn Peter Menrath. Mittwoch, den 5. Februar, abends 8 Uhr: Großes
Fischessen mit Konzert im Vereinslokal. Zu reger Beteiligung ladet ergebenst
ein Der Elfer-Rat…“
Weiter veranstaltete Peter Menrath in seiner Restauration
Konzerte und andere Veranstaltungen, für die er in der lokalen Presse warb.
[1:01.10.1910] „…Brauhaus Wiesdorf. Wohin gehen wir? Wo
amüsiert man sich? In den Sälen bei P. Menrath! Die ganzen Kirmestage: Ball,
Concert u. Kölsche Krätzcher. Zu allen Festlichkeiten kein Entree, wozu
freundlichst einladet P. Menrath. Mark, Concertunternehmer…“
Im Jahr 1910 warb er auch mit dem „Electro-Bioscop Theater
Wiesdorf“, einem Wanderkino, welches Vorstellungen in den Sälen seiner
Restauration gab [1:08.10.1910].
Auch politisch war Peter Menrath aktiv, im Dezember 1911
wurde er in den Gemeinderat gewählt und trat zum 1. Januar 1912 sein Amt als
Gemeindeverordneter an [1:16.12.1911,1:13.01.1911].
Im Jahr 1913 wurden die Veranstaltungssäle der Restauration
„bedeutend vergrößert“ [1:10.12.1913].
Der Name „Peter Menrath“ kam in der Region häufiger vor. So
gab es zeitgleich einen Peter Menrath welcher das in Köln direkt am Rhein in
der Nähe des Hauptbahnhofes gelegene Cafe Rheinberg führte [3:14.06.1913].
Weiter gab es einen Peter Menrath, welcher das Kölner Lokal Weigenhof in der
großen Budengassse 8 führte [3:13.12.1913]. Ob es verwandtschaftliche
Beziehungen zwischen den Personen gab, ist nicht bekannt.
In den Folgejahren wurde es ruhiger um das Brauhaus Wiesdorf.
Laut Standard-Brauereiverzeichnis [4] wurde der Braubetrieb im Jahr 1920
eingestellt. Sicher ist das Jahr 1920 als Zeitpunkt der Schließung der
Brauerei ist aber nicht, die Jahreszahlen des Standard-Brauereiverzeichnisse
sind nicht immer zuverlässig (z.B. wird dort als Gründungsjahr des
Wiesdorfer Brauhauses des Jahr 1912 genannt, gegründet wurde es aber
nachweislich bereits im Jahr 1908). Sicher ist aber, dass die Brauerei
spätestens Anfang der 1920er Jahre nicht mehr betrieben wurde. Peter Menrath
wurde seit dieser Zeit nur noch als Gastwirt bezeichnet [1:08.10.1923],
wobei seine Restauration weiterhin den Namen „Brauhaus Wiesdorf“ trug.
Im Jahr 1919 bot das Tanz-Institut von Luginsland und Kürten
seine Dienste im Brauhaus Wiesdorf an und ab dem Jahr 1921 wurden in Peter Menraths
Restauration auch internationale Ringkämpfe veranstaltet. Im Dezember 1921
trat dort auch der „Neger-Champion“ Max Bambulla auf:
[1:11.12.1921] „…Brauhaus Wiesdorf Peter Menrath, Hauptstraße
135. Große internation ale Ringkampf-Konkurrenz. Heute Samstag ringen:(Mzij,
1. Kampf: Heinr. Meyerhans (Meisterringer von Deutschland). Josef Elliot
(Champion der Schweiz).— 2. Kampf: Max Bambulla (Neger=Champion), Josef
Juchem Jerison (Champion von Holland). 3. Kampf: Jean Souquel (Luxemburg,
Peter Landau (Meisterringer v. Rheinld.) Einlaß 7 Uhr.— Anfang 8 Uhr…“
Der im Jahr 1922 in der Restauration gehaltene Vortrag zum
Thema „Die Weltkatastrophe und ihre Lösung“ scheint nicht wirklich eine
Lösung gebracht zu haben, da das Thema 100 Jahre später aktueller denn je
ist.
(W030) [1:10.07.1909]
Anzeige des Brauhaus Wiesdorf aus Juli 1909. Aufgeführt ist die Brauerei in
der Kaiserstraße 15 und die Restauration, der ehemalige "Schützenhof", in
der Hochstraße (Hauptstraße) 135
(W003) [1:31.12.1909]
"Rühriges Kölner Burlesken-Theater" im Brauhaus Wiesdorf. Anzeige aus
Dezember 1909
(W004) [1:24.09.1910]
Die freiwillige Feuerwehr Wiesdorf feiert bei Kamerad Peter Menrath im
Brauhaus Wiesdorf. Anzeige aus dem Jahr 1910
(W031) [1:07.07.1912]
Die St. Sebastianns-Schützen-Brüderschaft tritt an im Bruderhause bei Peter
Menrath Anzeige aus dem Jahr 1912
(W005) [1:01.10.1910]
"Wohin gehen wir? Wo amüsiert man sich?". Anzeige des Brauhaus Wiesdorf aus
dem Jahr 1910
(W018) [1:08.10.1910]
Das "Electro-Bioscop-Theater", ein Wanderkino, gastierte im Jahr 1910 bei
Peter Menrath
(W020) [1:02.03.1912]
Auch politische Versammlungen gab es im Wiesdorfer Brauhaus, in diesem Fall
eine Versammlung der Christlich-Sozialen Partei im Jahr 1912
(W006) [1:17.01.1913]
"Närrischer Schlachtruf. Auf zum Brauhaus Wiesdorf". Gala-Sitzung der
Wiesdorfer Karnevalsgesellschaft. Anzeige aus dem Jahr 1913
(W032) [5:01.02.1913]
Die Wiesdorfer Karnevalsgesellschaft führt gleich an 3 Tagen hintereinander
Veranstaltungen bei Peter Menrath durch. Da lohnt es sich doch Mitbegründer
der Gesellschaft gewesen zu sein
("033) [3:14.06.1913]
Zeitgleich zum Brauhaus Wiesdorf führte ein Peter Menrath in Köln das Cafe
Rheinberg. Ob es verwandtschaftliche Beziehungen gab ist nicht bekannt.
Anzeige aus dem Jahr 1913
(W034) [1:29.06.1919]
Auch Tanzkurse fanden im Brauhaus Wiesdorf statt. Anzeige aus dem Jahr 1919
(W035) [1:11.12.1921]
Internationales Ringerturnier in Brauhaus Wiesdorf. Dabei auch
"Neger-Champion" Max Bambulla. Anzeige aus dem Jahr 1921
(W007) [1:13.10.1922]
Vortrag "Die Weltkatastrophe und ihre Lösung!" aus dem Jahr 1922. Hat wohl
nicht funktioniert
(W044) [5:06.05.1924]
Der katholische Jünglinsverein Wiesdorf veranstaltet einen Theater-Abend in
der Restauration von Peter Menrath. Anzeige aus dem Jahr 1924
Der Tod von Peter Menrath im Jahr 1925
Im Februar 1925 wurde Peter Menrath völlig unerwartet von
randalierenden Gästen in seiner eigenen Restauration erschlagen. Er wurde
nur 55 Jahre alt.
[1:23.02.1925] „…Wiesdorf. (Totschlag.) Das Rowdy= und
Verbrechertum hat wieder ein Menschenleben gefordert. Freitagabend gegen 10
Uhr betraten die Arbeiter Wilhelm Söhnert, Wilh. Grenz, Richard Görlich und
E. Toussaint die Wirtschaft Peter Menrath an der Hauptstraße und forderten
an der Schenke je ein Glas Bier. Kaum war den Genannten das Gewünschte
verabreicht, als einer zu johlen anfing. Von dem Sohne des Wirtes zur Ruhe
verwiesen, entspann sich ein kurzer Wortwechsel und eine kurze Schlägerei,
bei der die vier Personen, die fast alle schon mit der Polizei mehr oder
weniger in Berührung gekommen und als gemeingefährliche Burschen bekannt
sind, die Angreifer waren. Die Schlägerei, in die auch einige der wenigen
Gäste verwickelt wurden, nahm einen folgenschweren Ausgang. Der Besitzer des
Lokales, der im 56. Lebensjahre stehende Peter Menrath erhielt von dem
27jährigen Arbeiter Wilhelm Söhnert mit einem Stuhl einen wuchtigen Schlag
über den Kopf, der ihn in die Knie warf, ein zweiter Schlag warf den Wirt zu
Boden, wo er als Leiche liegen blieb. Die vier genannten Personen versuchten
nun zu entfliehen, doch einem Gast gelang es, den Totschläger Söhnert vor
dem Lokal zu stellen und in das Lokal zu zerren, wo das kurz nach der Tat
herbeigeeilte Polizeiaufgebot ihn in Empfang nahm. Zwei weitere Beteiligte,
Grenz und Görlich, wurden kurz darauf durch die Polizei festgenommen. Der
vierte Beteiligte, der 20jährige Toussaint, ist flüchtig. Wie bekannt wird,
ist die berüchtigte Gesellschaft vorher in mehreren Lokalen gewesen und sie
haben auch dort versucht, Unruhe zu stiften. Mit dem gleichen Vorsatz sind
sie auch in das Menrathsche Lokal gekommen…“
[5:23.02.1925] „…Totschlag. Freitag abend gegen 10 Uhr
betraten nacheinander folgende vier Burschen die Wirtschaft Peter Menrath,
Hauptstraße, hier selbst: 1. Wilhelm Söhnert, 2. Wilhelm Grenz, 3. Emil
Toussaint, 4. Richard Görlich. Sie forderten Bier und fingen dann an zu
singen. Der Sohn des Wirtes forderte die jungen Leute auf, das Singen zu
unterlassen. Die jungen Leute wurden frech und forderten den Sohn des Wirtes
auf, hinter dem Buffet hervor zu kommen. Als Menrath jun. hinter dem Buffet
hervorkam, wurde er von den Burschen sofort angegriffen und wurde mit
Biergläsern und Stühlen geschlagen. Hierbei erhielt der inzwischen
erschienene Wirt Menrath sen., welcher seinem Sohne zu Hülfe eilen wollte,
einen Schlag mit dem Stuhl über den Kopf, sodaß er bewußtlos liegen blieb.
Der sofort hinzugerufene Arzt konnte nur noch den Tod desselben feststellen.
Die Täter wurden von der inzwischen erschienenen Polizei festgenommen…“
Am 26. Februar 1925 wurde Peter Menrath unter zahlreicher
Teilnahme der Bevölkerung beerdigt.
[1:27.02.1925] „Beerdigung. Die Leiche des so jäh aus dem
Leben geschiedenen Gastwirtes Peter Menrath wurde gestern nachmittag unter
außergewöhnlich großer Beteiligung zu Grabe getragen. Im Leichenzug waren
die St. Sebastianus=Schützenbruderschaft, der Schützenverein 1907, der
Wirteverein und sonstige Vereine, die dem Verstorbenen im Leben nahe standen
mit umflorten Fahnen vertreten. Nachbarn und weite Kreise der Bürgerschaft
vervollständigten die große Zahl der Leidtragenden…“
Das gerichtliche Nachspiel folgte 5 Monate später am
Düsseldorfer Schwurgericht. Die beiden Haupttäter wurden, auch weil der
genaue Hergang der Tat nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte und wohl kein
Tötungsvorsatz bestand, zu je dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.
[1:16.07.1925] „…Wiesdorf. Sühne für den Tod Menrath's. Am
20. Februar d. Is. wurde der Gastwirt Peter Menrath in Wiesdorf, als er eine
in seinem Lokal mutwillig provozierte Schlägerei schlichten und die
Schuldigen entfernen wollte. von einem der Ruhestörer mit einem Stuhl so
unglücklich geschlagen, daß er an den Folgen des Schlages unmittelbar darauf
starb. Dieser Fall, der seinerzeit wegen der hierbei bewiesenen Rohheit
erhebliches Aufsehen nicht nur in Wiesdorf erregt hatte, stand gestern vor
dem Schwurgericht in Düsseldorf zur Aburteilung. Aus dem
Untersuchungsgefängnis vorgeführt wurden der 27jährige Arbeiter Wilhelm
Söhnert und der 21jährige Arbeiter Emil Toussaint als Hauptangeklagte. Mit
ihnen nahmen auf der Anklagebank Platz der 23jährige Schlosser Wilhelm Grenz
und der 24jährige Arbeiter Richard Gorlich. Die Anklage lautete auf
vorsätzliche Körperverletzung mit Todeserfolg gegen Söhnert und Toussaint,
gegen Toussaint weiterhin auf Körperverletzung und gegen Grenz und Görlich
auf Raufhandel. Söhnert und Toussaint sind wegen ähnlicher Delikte
vorbestraft. In der Verhandlung gaben die Angeklagten die ihnen zur Last
gelegten Verbrechen im Wesentlichen zu. Die Staatsanwaltschaft hatte einen
umfangreichen Zeugenapparat aufgeboten, aus dessen Aussagen sich jedoch ein
klares Bild über die einzelnen Vorgänge nicht gewinnen ließ: Insbesondere
blieb die Frage, welcher der beiden Hauptangeklagten den tödlichen Schlag
geführt hatte, völlig offen. Es wurde lediglich mit Sicherheit festgestellt,
daß Söhnert den ersten Schlag geführt hatte, der ohne sichtliche Folgen
blieb. Der zweite, nach Ansicht des Gerichtes tödliche Schlag ist
anscheinend von Toussaint erfolgt, allerdings nicht in der Absicht, Menrath
zu treffen, sondern vielmehr in dem Bestreben, den Zeugen Niessen damit
abzuwehren. Die beiden anderen Angeklagten haben eine mehr nebensächliche
Rolle gespielt. Als erwiesen wurde angesehen, daß Görlich die Tätlichkeiten
begonnen, dann aber das Lokal verlassen hatte. Hinsichtlich der Teilnahme
des Grenz widersprechen sich die Aussagen der Zeugen. Während einige,
darunter der Sohn des Erschlagenen, nichts von einer aktiven Teilnahme
bemerkt haber wollen, bekunden verschiedene andere, daß Grenz ebenfalls an
der Schlägerei beteiligt war. Er selbst will von nichts wissen hat sich aber
nach der Tat durch verschiedene Aeußerungen schwer belastet. Festgestellt
wurde hingegen, daß die Schlägerei vor Söhnert und Toussaint vorsätzlich
angezettelt worden war; die beiden anderen Angeklagten waren mehr aus
Gelegenheit darin verwickelt worden. Von besonderem Interesse waren die
Aussagen des Sachverständigen Kommunalarzt Dr. Schmidt=Wiesdorf. Sein
Gutachten ging dahin, daß der Tod durch äußere Gewaltanwendung eingetreten
sei. Bei der Obduktion der Leiche fanden sich einige Verletzungen am Mund
sowie etwas Blut in der Mundhöhle. Die Zähne seien stark gelockert gewesen.
Allerdings könne nicht behauptet werden, daß die Schläge die unmittelbare
Todesursache gewesen seien. Es haben sich weder an der Schädeldecke noch am
Gehirn irgendwelche Verletzungen gezeigt, die unbedingt hätten nachweisbar
sein müssen, zumal die Schädeldecke auffallend dünn gewesen sei. Der Tod
ist, nach dem Sachverständigen, vielmehr durch Herzlähmung eingetreten, als
Folge der durch die Schlägerei entstandenen Aufregung. Eine Frage der
Verteidigung, ob mit dem Tode des Erschlagenen zur fraglichen Zeit auch ohne
die Geschehnisse zu rechnen gewesen wäre, verneinte der Sachverständige als
höchst unwahrscheinlich…“
[5:16.07.1925] „…Wiesdorf. Folgen eines Wirtschaftsstreites.
Vor dem Schwurgericht in Düsseldorf standen gestern die Arbeiter W. Söhnert
und E. Toussaint als Hauptangeklagte und der Schlosser W. Grenz und der
Arbeiter K. Gorlich als Mitangeklagte. Den Angeklagten wird zur Last gelegt,
om 20. Februar ds. Js. den Gastwirt Peter Menrath in Wiesdorf, als er eine
in seinem Lokale mutwillig provozierte Schlägerei schlichten und die
Schuldigen aus der Wirtschaft entfernen wollte, mit einem Stuhl derart
geschlagen zu haben, daß M. bald darauf an den Folgen dieses Schlages
verstarb. In der gestrigen Verhandlung gaben die Angeklagten die ihnen zur
Last gelegten Verbrechen im Wesentlichen zu. Die Staatsanwaltschaft hatte
einen umfangreichen Zeugenapparat aufgeboten aus dessen Aussagen sich jedoch
ein klares Bild über die einzelnen Vorgänge nicht gewinnen ließ. Das Urteil
lautete gegen Söhnert und Tousaint auf je 3½ Jahre Gefängnis unter
Anrechnung von 5 Monaten der Untersuchungshaft, gegen Grenz und Görlich auf
je 6 Monate Gefängnis. Hiervon sind zwei Monate zu verbüßen, der Rest der
Strafe wird bei dreijähriger guter Führung und gegen Zahlung einer Buße von
200 Mark erlassen…“
Sieben Monate später musste der Fall wegen eines Formfehlers
erneut verhandelt werden. Das Gericht hatte „vergessen“, die Geschworenen
auf die Möglichkeit von mildernden Umständen hinzuweisen. Das ursprüngliche
Urteil wurde in diesem Verfahren aber bestätigt.
[10:23.04.1926] „…Wiesdorf, 22. April. Anfang vorigen Jahres
wurde hier bekanntlich der Wirt Peter Menrath sen. in seiner eigenen
Wirtschaft von streitenden Gästen mit Stühlen hinterrücks erschlagen. Der
Tod trat infolge Schockwirkung ein. Der ledige Arbeiter Emil Toussaint und
der verheiratete Wilhelm Söhnert wurden s. Zt. vom Düsseldorfer
Schwurgericht wegen Körperverletzung mit Todeserfolg zu je 3 Jahren
Gefängnis verurteilt. Weil in der gerichtlichen Fragestellung an die
Geschworenen nicht die Frage nach mildernden Umständen enthalten gewesen
war, wurde der Fall erneut verhandelt. Das Gericht versagte die mildernde
Umstände und erkannte auf dasselbe Strafmaß, wie bei der ersten Verhandlung.
Mit ihrem Antrag auf Haftentlassung der seit 13 Monaten sitzenden
Angeklagten hatte die Verteidigung kein Glück, obwohl sie dem Widerspruch
des Staatsanwalts, der die äußerste Roheit hervorhob, mit der diese
Raufbolde einen ruhigen, gesetzten Mann hinterrücks erschlugen, mit dem
Einwand begegneten, derartige Wirtschaftsprügelszenen würden tagtäglich im
„Fröhlichen Weinberg“ vom Publikum bejubelt…“
(W036) [1:24.02.1925]
Todesanzeige von Peter Menrath, welcher am 20. Februar 1925 in seiner
eigenen Restauration erschlagen wurde
(W037) [1:03.03.1925]
Danksagung der Witwe Menrath zur großen Anteilnahme am Tod von Peter Menrath
Der Weiterbetrieb der Restauration durch die Witwe Menrath (1925-1932)
Nach dem plötzlichen Tod von Peter Menrath führte seine Witwe
Gertrud Menrath geb. Müller den Betrieb gemeinsam mit ihrem Sohn Peter
weiter. Ab Oktober 1925 warb sie in ihren Anzeigen auch mit
„Spezial-Ausschank Hitdorfer Pilsener“, es wurde also Bier aus der in der
Nähe gelegenen und im industriellen Maßstab produzierenden Hitdorfer
Brauerei Friede Aktiengesellschaft ausgeschenkt .
Der Betrieb der Restauration mit Veranstaltungen aller Art
ging ähnlich weiter wie vor dem Tod von Peter Menrath. Hervorzuheben ist der
Auftritt einer Jazzband im Jahr 1927 [1:18.03.1927]. Das „Schauwaschen“ mit
Persil („wichtig für die Hausfrau“) im Jahr 1930 ist wohl eher nicht
hervorzuheben [1:09.08.1930].
Unklar ist, wie folgende Anzeige aus dem Jahr 1928 zu
interpretieren ist:
[1:06.10.1928] „…Empfehle meine Lokale. Ww. Peter Menrath,
Hauptstraße…“
Hier wird „Lokal“ in der Mehrzahl genannt, unklar ist aber,
welche weiteren Lokale damit gemeint waren.
Der Sohn Peter von Witwe Menrath arbeitete schon länger in
der Restauration mit, wollte diese aber anscheinend nicht weiterführen, denn
die Witwe Menrath übergab die Führung der Restauration im Jahr 1932 an einen
gewissen Karl Lundschien [6:09.04.1932].
Die Witwe Menrath blieb aber weiterhin Eigentümerin der
Restauration auf der Hauptstraße 135 in Wiesdorf. Vermutlich wohnte sie auch
weiterhin im Gebäude der Restauration. Nach dem sie im Jahr 1932 noch eine
Anzeige geschaltet hatte, in der sie eine 3-Zimmer-Wohnung zur Miete suchte,
ließ sie ein Jahr später Teile der Restauration in Wohnungen umbauen.
[1:15.04.1933] „Wo gebaut wird. … Menrath, L.-Wiesdorf,
Hauptstraße 135, Einbau von zwei Wohnungen in Saal und Vereinszimmer…“
Im März 1936 verstarb Johann Heinrich Menrath, der zweite
Sohn der Witwe Menrath und seines Zeichens Metzger, völlig unerwartet im
Alter von nur 30 Jahren [5:15.03.1936]. Vier Monate später, am 11. Juli
1936, verstarb auch die Witwe Menrath, Gertrud Menrath geb. Müller, im Alter
von 67 Jahren. [5:13.07.1936].
(PK001) [unbekannt]
Postkarte der Hauptstraße in Wiesdorf, gelaufen 1927. Das zweite Haus von
rechts ist das Brauhaus Wiesdorf. Zu sehen auch der Schriftzug "Brauhaus
Wiesdorf Peter Menrath"
(W008) [1:14.08.1925]
Ball bei Witwe Menrath im Brauhaus Wiesdorf. Anzeige aus dem Jahr 1925
(W009) [1:03.10.1925]
Konzert, Matinee und Ball bei Witwe Menrath im Brauhaus Wiesdorf. Anzeige
aus de Jahr 1925
(W010) [1:17.10.1925]
Brauhaus Wiesdorf, "Spezial-Ausschank Hitdorfer Pilsener", Anzeige aus
Oktober 1925
(W038) [1:31.12.1925]
Glückwünsche zum neuen Jahr 1926 von Witwe Menrath
(W011) [1:02.10.1926]
Rheinischer Abend im Brauhaus Wiesdorf bei Witwe Menrath. Anzeige aus dem
Jahr 1926
(W012) [1:03.10.1926]
"Küche und Keller das Beste" bei Witwe Menrath. Anzeige aus dem Jahr 1926
(W013) [1:09.11.1927]
Die "Allgemeine Karnevals-Gesellschaft 1925 Wiesdorf" veranstaltet ihren
Festball bei Witwe Menrath. Anzeige aus dem Jahr 1927
(W046) [1:18.03.1927]
Auf nach Wiesdorf. Die Witwe Menrath veranstaltete im Jahr 1927 ein
Jazz-Konzert in ihrem Restaurant
(W047) [1:03.02.1928]
Preismaskenball bei Witwe Menrath. Hauptpreis: 1 Fass Bier. Anzeige aus dem
Jahr 1928
(W039) [1:06.10.1928]
Die Anzeige von Witwe Menrath aus dem Jahr 1928 gibt Rätsel auf. Sie
empfiehlt ihre Lokale. Was genau außer dem Brauhaus Wiesdorf damit gemeint
war, ist unklar
(W014) [5:31.12.1928]
Silvesterfeier im Brauhaus Wiesdorf zum Neujahr 1928/1929
(W015) [1:05.10.1929]
Ball zur Kirmes des Jahres 1929 im Brauhaus Menrath. Statt der Witwe Menrath
ist hier der Sohn Peter Menrath aufgeführt
(W016) [5:18.10.1929]
Im Jahr 1929 fand im Brauhaus Wiesdorf ein öffentlicher Vortrag über
Behandlungen mit Violettbestrahlung und Hochfrequenzströmen statt
(W051) [1:09.08.1930]
Wichtig für die Hausfrau! Schauwaschen mit Persil im Restaurant von Witwe
Menrath. Anzeige aus dem Jahr 1930
(W040) [5:15.03.1936]
Im März 1936 verstarb Johann Heinrich Menrath, der zweite Sohn von Peter
Menrath, im Alter von nur 30 Jahren
(W041) [13.07.1836]
Todesanzeige der Witwe Menrath, welche nur 4 Monate nach ihrem Sohn im Juli
1936 im Alter von 67 Jahren verstarb
Übernahme und Betrieb der Restauration durch Karl Lundschien (1932-(1939))
Am 9. April 1932 kündigte Karl Lundschien die Übernahme des
„Brauhaus Wiesdorf“ in einer Anzeige in der lokalen Presse wie folgt an:
[6:09.04.1932] „…Neu-Eröffnung! Brauhaus Menrath.
Leverkusen-Wiesdorf, Hauptstrasse 135. Den geehrten Stammgästen, Nachbarn,
Freunden und Vereinen zur gell. Mitteilung, daß ich mit dem heutigen Tage
das Brauhaus Menrath übernommen habe. Es wird wie bisher mein Bestreben
sein, meinen Gästen nur das Beste zu bieten. Ich bitte, auch mein neues
Unternehmen freundlichst zu unterstützen. Heute Eröffnungsfeier mit Musik.
Spezialität: Brauhaus-Platte. Carl Lundschien nebst Frau…“
Karl Wilhelm Lundschien wurde am 11. März 1897 als ältester
Sohn des in Wiesdorf ansässigen August Karl Lundschien geboren
[1:08.05.1897]. Zu dieser Zeit noch als Maurer tätig sattelte Karl
Lundschien senior in das Hotelier-Gewerbe um, wurde als Kostwirt bezeichnet und zog
im Jahr 1910 als Gemeindeverordneter in den Gemeinderat ein [7:29.03.1910].
Zu dieser Zeit war auch Peter Menrath Gemeindeverordneter gewesen, ggf.
kannten sich beide von hier.
In den 1920er Jahren betrieb Karl Lundschien in Wiesdorf auf
der Hauptstraße 155 ein Kaufhaus [1:08.02.1926] und im Jahr 1927 übernahm
der das schon längere Zeit bestehende Hotel-Restaurant „Elberfelder Hof“ in
Wiesdorf [1:30.07.1927].
Karl Lundschien junior erscheint erst im Jahr 1930 bei
Übernahme des Hotelrestaurants „Zur Post“ in Wiesdorf auf der Hauptstraße
100.
[6:29.03.1930] „…Wiesdorf, 29. März. — Das Hotelrestaurant
„Zur Post“ geht am 1. April in die Hände eines neuen Besitzers über. Herr
Karl Lundschien jr. übernimmt mit diesem Tage das Haus…“
Das Hotelrestaurant zur Post lag nicht weit entfernt vom
Brauhaus Wiesdorf und bereits 2 Jahre später übernahm Karl Lundschien jun.,
wie oben geschildert, auch dieses von der Witwe Menrath.
Karl Lundschien gab nach der Übernahme des Brauhaus Wiesdorf
in den Anzeigen öfters „Inhaber: Karl Lundschien (früher Neurath)“ an, ggf.
hatte die Witwe Menrath die Restauration zum Schluss nicht mehr selbst
betrieben, sondern genannter Herr Neurath [6:14.05.1932].
Im Prinzip ging es genau weiter wie zuvor, es wurden
Konzerte, Bälle und Karnevalsveranstaltungen durchgeführt und die lokalen
Vereine tagten in der weiterhin als Brauhaus Wiesdorf bezeichneten
Restauration. Zu erwähnen ist, dass Karl Lundschien junior im Jahr 1932 „Lundschiens
Bunte Bühne“ ins leben rief, eine wöchentliche Varieté-Veranstaltung mit
wechselnden Künstlern.
Weniger bunt ging es dann im Jahr 1935 im Brauhaus Wiesdorf
zu. Die „Deutsche Glaubensbewegung“ führte im Brauhaus Wiesdorf eine
Veranstaltung mit Vorträgen wie „Ein Volk- ein Reich- ein Glaube!“ oder „Dem
deutschen Kinde eine deutsche Erziehung“ durch.
[1:02.05.1935] „…Oeffentliche Veranstaltung der Deutschen
Glaubensbewegung (Hauer). Am Freitag, dem 3. Mai 1935, abends 8 Uhr findet
im Saale „Brauhaus Wiesdorf" (Inhaber Karl Lundschien) eine öffentliche
Veranstaltung statt. Es spricht: Lehrer Bubel, Köln, über das Thema: Ein
Volk- ein Reich- ein Glaube! Frau Dr. Sell, Köln, über das Thema: Dem
deutschen Kinde eine deutsche Erziehung! Einlaß 7.30 Uhr.— Beginn 8 Uhr. Der
Vortrag findet vor Stuhlreihen statt. Zur Deckung der Unkosten werden als
Eintrittspreis 20 Pfg. erhoben.— Unbemittelte zahlen 10 Pfg.
Kampfschatzkarten, die zum Eintritt berechtigen, 50 Pfg. und 1.— Mark.
„Völkischer Beobachter“ vom 28. April 1935 anläßlich der machtvollen
Großkundgebung der Deutschen Glaubensbewegung im überfüllt. Berliner
Sportpalast am 26. April: „Die Ausführungen Prof. Wilhelm Hauers (Leiter der
deutschen Glaubensbewegung) gipfelten in der Forderung nach der deutschen
Gemeinschaftsschule. Das deutsche Volk empfindet die konfessionelle Schule
als ein unerträgliches Joch, deutsche Kinder sollen in der Schule zunächst
einmal erleben, daß sie Deutsche sind und nicht von Jugend auf in den alten
konfessionellen Gegensätzen erzogen werden. Die Konfessionsschule hat ihre
Berechtigung im Rahmen der Konfession, aber es gibt keine katholische oder
protestantische Geschichtsbetrachtung und kein konfessionelles
Volksbewußtsein, sondern es kann für deutsche Menschen nur eine deutsche
Geschichtsbetrachtung und ein deutsches Volksbewußtsein geben.“ Erscheinen
aller verantwortungsbewußten Deutschen ist Pflicht.— „Die Deutsche
Glaubensbewegung“ zeigt Ihnen was sie will und wie sie ist, und nicht wie
ihre Gegner sie gerne sehen möchten!...“
Die letzte bekannte Anzeige des Brauhaus Wiesdorf stammt aus
Februar 1939 im Kontext einer Karnevalssitzung [5:10.02.1939]. Wie lange die
Restauration weiter existierte ist nicht bekannt. In den 1980er Jahren
befand sich an gleicher Stelle, der Hauptsstraße 135, das Kino Lux, im Jahr
2024 befindet sich dort das Eventrestaurant „Kolonie 1“.
Karl Lundschien jun. trat noch einmal im August 1939 in
Erscheinung, zu diesem Zeitpunkt übernahm er den ebenfalls schon längere
Zeit bestehenden Kaisersaal in Leverkusen [02.08.1939]. Die letzte bekannte
Nennung diesbezüglich stammt aus dem Jahr 1940 [5:02.02.1940]. Karl
Lundschiens Entnazifizierungs-Dokument ist zu entnehmen, dass er bis 1945
„selbständiger Gastwirt“ und ab dieser Zeit „selbstständiger Landwirt“ war
[8].
(W022) [6:09.04.1932]
Anzeige von Carl Lunschien zur Übernahme des Brauhaus Wiesdorf von Witwe
Menrath am 9. April 1932.
Carl Lundschien verwendete hier und später öfters den Namen "Brauhaus
Menrath"
(W023) [1:09.04.1932]
Weitere Anzeige, in völlig anderem Stil, zur Eröffnung des Brauhauses am 9.
April 1932.
(W024) [5:09.04.1932]
Weitere Eröffnungsanzeige vom 9. April 1932
(W021) [6:14.05.1932]
Anzeige von Karl Lundschien kurz nach der Übernahme im April 1932. "früher
Neurath" könnte bedeuten, dass die Witwe Menrath die Führung der
Restauration schon früher abgegeben hatte. Im Ausschank sind Biere der
Hitdorfer-Brauerei, Schwaben-Brauerei? und der Remscheider Kipper-Brauerei
(W025) [5:29.04.1932]
Anzeige zur Eröffnung der renovierten "Saallokalitäten" 2 Wochen nach der
Übernahme
(W025_2) [1:29.04.1932]
Weitere Anzeige zur Saaleröffnung nach Renovierung am 29. April 1932
(W054) [1:08.02.1926]
Die Familie Lunschien führte auch ein Kaufhaus in Wiesdorf auf der
Hauptstraße 155, nicht weit vom Brauhaus Wiesdorf gelegen
(W055) [1:30.07.1927]
Im Jahr 1927 übernahm Karl Lundschien senior den schon länger bestehenden "Elberfelder
Hof"
(W059) [5:29.03.1930]
Im Jahr 1930 übernahm Karl Lundschien das Hotel-Restaurant "Zur Post" in
Wiesdorf
(W064) [5:04.11.1932]
Der Hexer Bellachini - Leverkusen im Banne der Todesstrahlen. Auftritt bei
Karl Lundschien im Jahr 1932
(W061) [5:09.12.1932]
Karl Lundschien führte im Jahr 1932 "Lundschins Bunte Bühne" ein, ein
Veranstaltungsreihe mit wöchentlich wechselndem Programm
(W062( [5:24.12.1932]
Lunschines Bunte Bühne. Anzeige aus dem Jahr 1932
(W053) [1:07.01.1933]
Lunschines Bunte Bühne. Anzeige aus dem Jahr 1933
(W052) [1:14.01.1933]
Lunschines Bunte Bühne. Anzeige aus dem Jahr 1933
(W026) [5:25.06.1932]
Feuerwehrball im Brauhaus Menrath. Anzeige aus dem Jahr 1932
(W063) [5:10.02.1939]
Letzte bekannte Anzeige des ehemaligen Brauhaus Wiesdorf aus dem Jahr 1939.
Die Hauptstraße war mittlerweile in "Straße der SA" umbenannt worden
(W016) [1:10.02.1934]
Karnevalstrubel bei Karl Lundschien im Brauhaus Wiesdorf. Anzeige aus dem
Jahr 1934
(W017) [1:02.05.1935]
Die "Deutsche Glaubensbewegung" hielt im Jahr 1935 eine Veranstaltung im
Brauhaus Wiesdorf ab. Die arisch orientierten Vorträge hießen "Ein Volk -
ein Reich - ein Glaube!" oder "Dem deutschen Kinde eine deutsch Erziehung"
(W065) [5:02.08.1939]
Im August 1939 übernahm Carl Lundschien den Kaisersaal in Leverkusen. Ob die
ehemalige Restauration von Peter Menrath gleichzeitig geschlossen wurde ist
unklar.
(W066) [5:02.02.1940]
Familien-Ball im Kaisersaal von Carl Lundschien. Nach dieser Anzeige aus dem
Jahr 1940 sind keine weiteren Anzeigen von Peter Lundschien mehr bekannt
Übersicht der Firmierungen
Zeitraum
Firmierung
Anmerkung
1908-(1920)
Brauhaus Wiesdorf, Peter Menrath
Jahr der Schließung nicht sicher, anschließend als
Restauration weitergeführt.
Anmerkungen
•
Außer Bierkrügen aus Ton sind keine weiteren
Brauereiwerbemittel wie Gläser oder Bierdeckel bekannt
Brauereiwerbemittel
Bierkrüge
(K001) [unbekannt]
Geritzter Tonkrug, vermutlich um 1910
"Brauerei-Verzeichnis Deutschland", Michael Gorytzka,
Manfred Friedrich, herausgegeben von der Fördergemeinschaft von
Brauerei-Werbemittel-Sammlern e.V. (FvB), Ausgabe November 2009