Unternehmensgeschichte der Brauerei "Zum
Marienbildchen"
unter der Führung von Johann Schumacher,
Robert Wolff / Wwe., Johann Joseph Wolff, Anton Raffauf sen., Anton Raffauf
jun., Paul Peter, Curt Cabalzar / Wwe. und Josef Kristen
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Im Standard-Brauereiverzeichnis [6] unter Nummer 12219 und in
"Prosit Colonia" [28] beginnt die Historie der Brauerei „Zum Marienbildchen“ im Jahr 1895.
Allerdings weisen verschiedene Quellen daraufhin, dass die Brauerei bereits
seit dem Jahr 1412 besteht und seitdem auch immer eine Brauerei gewesen ist.
Wie passt das also zusammen? Des Rätsels Lösung ist, wie so oft in Köln,
eine Umbenennung von Straßen und / oder Neunummerierung der Straßen. Weiter unten abgebildet ist eine Bekanntmachung auf dem Kölner Lokal-Anzeiger vom 7. Mai 1893. Dieser Bekanntmachung ist zu entnehmen, dass im Mai 1893 die Straße Nächelsgasse 1 in Bayenstraße 87 umbenannt wurde.
Für die Nächelsgasse 1 findet sich im Standard-Brauereiverzeichnis [6] unter der Nummer 12167 dann wieder eine Historie von 1838 (weiter reicht das Verzeichnis generell nicht zurück) bis zum Jahr 1893. Da also die unter den Nummern 12219 und 12167 aufgeführten Brauereien identisch sind ergibt sich damit schon einmal eine durchgehende Dokumentation von 1838 bis 1943.
(W008) [18, 070.05.1893]
Aus der Nächelsgasse 1 wurde die Bayenstraße 87. Bekanntmachung im Kölner
Lokal-Anzeiger aus Mai 1893
Zusammenfassung
Die Brauerei „Zum Marienbildchen“ kann auf eine lange Tradition zurückschauen. Erstmals nachgewiesen im Jahr 1412 wurde bis zur Zerstörung im zweiten Weltkrieg fast durchgehend gebraut.
Die Brauerei war eine typische Hausbrauerei, die nur für den Eigenbedarf gebraut hat. Bestimmend war die Familie Wolff, welche die Brauerei im neunzehnten Jahrhundert insgesamt 63 Jahre führte.
Den Namen „Zum Marienbildchen“ erhielt die Brauerei erst im Jahr 1913, dieser hat also mit der Historie der Brauerei nicht viel zu tun.
Die Historie der Brauerei „Zum Marienbildchen“ bis Ende des 18ten Jahrhunderts
Wie so oft sind die ergiebigsten Quellen Dokumentationen von Wilhelm Scheben [7]. Laut Scheben taucht in einem Erlass des Kölner Magistrates aus dem Jahr 1412, in welchen 21 qualifizierte und zunftmäßige Brauereien aufgeführt sind, auch die Brauerei „Zum Stern“ an der Neckelskaulen auf. Diese Jahreszahl wurde 500 Jahre später als Gründungsjahr der Brauerei angegeben.
Die nächste bekannte Erwähnung stammt aus den Bieraccise=Büchern der städtischen Rentkammer aus dem Jahr 1476 (Accise = Verbrauchssteuer, Rentkammer = Behörde zur Verwaltung der Einnahmen eines Landesherrn). In diesen Büchern wird die Brauerei „Johann zor Sternen“, in der Straße „an der Neckelskaul“ genannt.
Weitere Nennungen bis Ende des 18ten Jahrhunderts sind nicht bekannt.
Die Brauerei „Zum Stern“ unter Führung von Johann Schumacher ((1797)-1838)
Die erste bekannte Nennung von Johan Schumacher stammt aus
dem Jahr 1796 im Kontext seiner Heirat mit „Jungfer Aria Sibilla Schäffers“,
wobei es wahrscheinlich, aber nicht sicher ist, dass es sich um den
richtigen Johann Schumacher handelt.
[9, 26.03.1796] „…In der Pfarrkirche zu St. Joh. Baptist.
Vereheligte: Den 20. Junggesell Johann Schumacher mit Jungfer Aria Sibilla
Schäffers…“
Die erste gesicherte Nennung stammt aus dem Kölner Adressbuch
des Jahres 1797 [10], in dem im Branchenverzeichnis der Brauer „…Schumacher Johan, Am Neckels-Thor 674…“ aufgeführt ist (noch mit
Französischer Hausnummer).
In der Liste von Wilhelm Scheben [7], welche alle Kölner
Brauereien des Jahre 1798 auflistet, ist der Eintrag „Zum Stern an der Neckelskaulen“ aufgeführt. Die Brauerei hieß bereits seit 1412 „Zum Stern“,
Johann Schumacher war aber vermutlich der letzte, der diese Bezeichnung
führte [4].
Das nächste verfügbare Adressbuch aus dem Jahr 1813 [10], in
französischer Sprache, führt Johann Schumacher als „…Schumacher (J.) R. des
Nacelles n. 1…“ auf. Aus dem gleichen Jahr stammt eine Todesanzeige aus der
Zeitung „"Feuille d'affiches, annonces et avis divers de Cologne",
betreffend den im Alter von gut einem Jahr verstorbenen Sohn Martin.
[12, 25.07.1813] „…Zivilstand von Köln. Sterbefälle. Den
6ten: Martin Schumacher, 14 Monate alt, Nächelsgasse…]
Die nächste Nennung von Johann Schumacher aus dem Jahr 1820
erfolgt im Kontext des Verkaufs von Wein. Johann Schumacher war also nicht
nur Bierbrauer, er handelte auch mit Wein.
[13, 13.02.1820] „Bei Joh. Schumacher, am Neckelsthor Nro.
674, verkauft man in und außer Hause folgende Weine: Bester 1818ter Ahrgebleichert à 32 Stüber per Maß … Faßweise billiger…“.
Im Adressbuch des Jahres 1822 [14], mittlerweile wieder in
deutscher Sprache und alten Hausnummern, wird Johann Schumacher als
„…Schumacher (J.) Nächelsg. n. 1…“ aufgeführt
Die nächsten beiden Nennungen aus dem Jahr 1826 und 1835
erfolgten wieder im Kontext des Verkaufs von Wein. In der Nennung aus dem
Jahr 1836 wird Johann Schumacher, obwohl es in der Anzeige ausschließlich um
Wein geht, explizit als Bierbrauer bezeichnet.
[13, 07.06.1835] „…Bei Johann Schumacher, Bierbrauer, am
Nächelsthor, zapft man in und außer dem Hause 1831r Moselwein, das Quart zu
6 Sgr. …“
Weitere Informationen über Johann Schumacher sind bis zur
Übergabe der Brauerei in der Nächelsgasse 1 an Robert Wolff im Jahr 1838
nicht bekannt.
(PL002) [10]
Karte von Köln aus dem Jahr 1797. Rot markiert ist die Lage der Brauerei
(anklicken für Details)
(W002) [13, 13.02.1820]
Weinverkauf bei Brauer Johann Schumacher. Besten 1818ter Ahrbleichert für 32 Stüber das Maß (ca. 1,78 Liter). Anzeige aus dem Jahr 1820
(W001) [13, 10.09.1826]
Weiterer Weinverkauf bei Brauer Johann Schumacher. Die Maßeinheiten und die
Währung haben sich geändert. Das Quart (ca. 1,15 Liter) zu 5 Silbergroschen.
Anzeige aus dem Jahr 1826
(W002) [13, 07.06.1835]
Preiserhöhung bei Johann Schumacher, das Quart jetzt zu 6 Silbergroschen.
Anzeige aus dem Jahr 1835
Die Brauerei unter Führung von Robert Wolff (1838-1851)
Der erste Brauer der Brauerfamilie Wolff, welche die Brauerei in der Nächelsgasse insgesamt 63 Jahre führte, war Robert Wolff. Am 18. Februar
1838 übernahm er die Brauerei von Johann Schumacher, was er mit folgender
Anzeige in der Kölnischen Zeitung bekanntmachte:
[13, 18.02.1838] „…Meinen Freunden und Gönnern die ergebene
Anzeige, daß ich von Herrn Schumacher am Nächelsthor Nr. 1 die Bierbrauerei
übernommen habe und heute meine Wirthschaft eröffne. Köln, den 18. Februar
1838. R. Wolff…“
Robert Wolff, geboren im Jahr 1806, war mit Ursula Weiler
verheiratet. In den Jahren 1836 bis 1846 bekamen sie insgesamt 8 gemeinsame
Kinder (?: Christoph, 1836: Johann Joseph, 1838: Anna Christina, 1839: Anna
Barbara Hubertine, 1840: Christian Joseph, 1843: Hermann Joseph Bernard, ?:
Johann Joseph Robert, 1846: Peter Joseph).
Die Brauerei in der Nächelsgasse war nicht die erste
Brauerei, die Robert Wolff führte, zuvor hatte er bereits eine Brauerei in
der Martinstraße 28 betrieben. Über diese Brauerei ist so gut wie nichts
bekannt. Im Adressbuch des Jahres 1835 [15] wird Robert Koch als Brauer in
der Martinstraße aufgeführt, im nächst früheren Adressbuch aus dem Jahr 1831
[16] noch nicht.
Die nächste Information über Robert Wolff betrifft dann schon
seinen unerwarteten Tod. Er starb im Dezember 1851 im Alter von 45 Jahren.
[13, 19.12.1851] „...Todes=Anzeige. Mit tief betrübtem Herzen
machen wir entfernten Verwandten und Freunden die schmerzliche Anzeige von
dem heute Morgen früh ½8 Uhr unerwarteten Ableben unseres treuen Gatten u.
Vaters, des Bierbrauers Robert Wolff. Derselbe starb, frühzeitig gestärkt
durch die Heilsmittel unserer Kirche, in christlicher Ergebung an den Folgen
eines chronischen Brustübels mit hinzu getretenem Schlagflusse, in dem Alter
von 45 Jahren. Wer den Verstorbenen kannte, wird unseren gerechten Schmerz
zu würdigen wissen. Wir bitten um stille Theilnahme. Köln, den 17. December
1851. Die hinterbliebene Witwe und sieben unmündige Kinder…“
(W002) [13, 18.02.1838]
Übernahme-Anzeige von Robert Wolff, welcher im Februar 1838 die Brauerei von
Johann Schumacher übernommen hatte
(PL001) [32]
Ausschnitt einer Kreuter-Karte um 1845. Auf der Detailansicht (anklicken)
sieht man gut zwischen Catharinengraben und Neckelskaul die mit 1
bezeichneten Häuser, von denen das rechte Haus leicht zurückgesetzt ist
(W010) [13, 19.12.1851]
Todesanzeige von Robert Wollf, welcher im Dezember 1851 im Alter von 45
Jahren an einem "chronischen Brustübel mit hinzu getretenem Schlagflusse"
verstarb
Die Führung der Brauerei unter Witwe Ursula Wolff (1851-1873)
Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes führte Ursula Wolff, die
Witwe des verstorbenen Robert Wolf, die Brauerei weiter.
Kurz danach musste sie einen weiteren schweren
Schicksalsschlag hinnehmen, keine 2 Monate nach dem Tod ihres Mannes
verstarben 2 ihrer Kinder an Typhus.
[13, 17.02.1852] „…Todes=Anzeige. Noch sind die Wunden nicht
geheilt, welche mir durch den vor 2 Monaten erfolgten Tod meines
unvergeßlichen Gatten geschlagen wurden, und schon stehe ich wieder bei den
Leichen meiner geliebten Kinder Anna Christina, welche mir gestern, vorher
gestärkt mit den Heilsmitteln der kathol. Kirche, im Alter von 13 Jahren,
und Christian, welcher mir heute, im Alter von 11 Jahren, in Folge des
Nervenfiebers entrissen wurden. Verwandten und Bekannten widmet diese
Anzeige, um stille Theilnahme bittend. Witwe Robert Wolff. Köln, den 16.
Februar 1852…“
Bereits im Kölner Adressbuch des Jahres 1852 [17] wird Ursula
Wolff als Brauerin in der Nächelsgasse 1 bezeichnet, über das Jahr 1853 gibt
es keine Daten und im Jahr 1854 [17] tauchen dann anstelle der Witwe Wolff ihre
beiden ältesten Söhne Christoph und Johann Joseph als Bierbrauer auf.
Wie üblich gab es auch nach dem Tod von Robert Wolff
Streitereien um das Erbe. Es kam zu einer Gerichtsverhandlung zwischen der
Witwe Wolff und dem Bruder des verstorbenen Robert Wolff, dem in Frechen
lebenden Johann Wilhelm Wolf, der dort als Wirt und Ackerer, also Landwirt
tätig war. Als Ergebnis kam es dreieinhalb Jahre nach dem Tod von Robert
Wolff zu einer Zwangsversteigerung der Brauerei, damit die jeweiligen Erb-Anteile
bezahlt werden konnten.
[13, 05.08.1855] „…Licitation. In der gerichtlichen
Theilungssache der zu Köln wohnenden Wirthin Frau Ursula, gebornen Weiler,
Wittwe von Robert Wolff,— Klägerin, vertreten durch Advocat=Anwalt Herrn
Clemens Schieffer zu Köln, gegen den zu Frechen wohnenden Wirth und Ackerer
Johann Wilhelm Wolff, in seiner Eigenschaft als Nebenvormund der von der
Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemanne gezeugten noch minderjährigen
Kinder, namentlich: a. Christoph Wolff, Soldat im 33. Infanterie-Regiment,
zu Köln stationirt, b. Johann Joseph Wolff, Bierbrauer in Köln, c. Anna
Barbara Hubertina Wolff, d. Johann Joseph Robert Wolff und e. Peter Joseph
Wolff, die drei letzteren ohne Geschäft zu Köln wohnend, und Alle unter
Hauptvormundschaft ihrer genannten Mutter,— Verklagten, vertreten durch
Advocat=Anwalt Herrn Johann Carl Ritzenhoff zu Köln, wird der unterzeichnete
Notar auf Grund Urtheiles des hiesigen königlichen Landgerichtes vom 16.
Juli laufenden Jahres, Mittwoch den 10. October 1855, Nachmittags 3 Uhr, auf
seine Amtsstube hierselbst das den Parteien gemeinschaftlich zugehörige Haus
Nr. 1 in der Nächelsgasse zu Köln nebst Bierbrauerei und
Brauereigeräthschaften, Um= und Unterlage und sonstigem Zubehör, zur
Versteigerung an den Meist= und Letztbietenden öffentlich ausstellen.
Besagtes Haus ist eingetragen in der Mutterrolle der Stadtgemeinde Köln mit
einem Flächengehale von 33 Ruthen 43 Fuß, einem Katastrl-Reinertrage von 122
Thlrn. 6 Sgr. 10 Pf. Und katastermäßig begränzt nördliche von der
Nächelsgasse, östlich von der Nächelspforte und Caspar Kreß, westlich von
Franz Joseph Weiler und Hubert Gilles. Die Bedingungen und sonstigen
Voracten liegen auf der Amtsstube des Unterzeichneten zur Einsicht offen.
Köln, den 1. August 1855. Classen, Notar…“
Ursula Wolff muss die Brauerei in der Zwangsversteigerung
erworben haben, denn sie wird in den Folgejahren weiterhin als Eigentümerin der
Brauerei in der Nächelsgasse 1 aufgeführt [17].
In der Anzeige der Anzeige der Zwangsversteigerung werden
alle 5 noch lebenden Kinder aufgeführt.
Ab dem Jahr 1855 werden nicht mehr die Söhne der Witwe Wolff
auf Bierbrauer aufgeführt, sondern wieder die Witwe Ursula Wolf selbst und
zusätzlich noch eine Witwe Christine Wolff, deren verwandtschaftliche
Zuordnung nicht bekannt ist. Im Jahr 1860 wird weiterhin Ursula Wolff als
Bierbrauerin aufgeführt, aber nicht mehr in Kombination mit Christine Wolff,
sondern mit ihrem Sohn Christoph Wolff. Ab dem Jahr 1861 wird dann nur noch
Ursula Wolff aufgeführt, weil ihr Sohn Christoph ab dem Jahr 1861 eine
eigene Brauerei in der Apernstraße 75 betrieb [6].
Die Brauerei in der Apernstraße 75, „Zur Rübe“ genannt, kann
schon im 15ten Jahrhundert nachgewiesen werden. Wirkliche Kontinuität gab es
in dieser Brauerei aber nicht, Christoph Wolff war der 5. Brauer innerhalb
der damals letzten 20 Jahre. Der Tradition folgend gab Christoph Wolff nur 3 Jahre
später die Führung wieder ab und übernahm die Brauerei “Zum Lämmchen“ in der
Severinstraße 205 [6].
Auch die Brauerei „Zum Lämmchen“ hatte bereits eine Historie
die ins 18-te Jahrhundert zurückreichte. Christoph Wolff betrieb diese
Brauerei nur 2 Jahre, im Jahr 1865 wurde die Brauerei für immer geschlossen.
Das nächste Betätigungsfeld von Christoph Wolff lag in
Mülheim, zu dieser Zeit noch eine eigenständige Stadt. Hier übernahm er die
seit den 1850er Jahren bestehende Brauerei von Johann Breuer in der Freiheitstraße 125
[6]. Nach einem Jahr war auch hier Schluss, Christoph Wolff
übergab die Brauerei an seinen Bruder Robert.
In der Nächelsgasse 1 führte zu dieser Zeit immer noch Ursula
Wolff die Brauerei, ab dem Jahr 1865 wird sie aber nicht mehr als „Wolff
Ursula, Wwe.“, sondern wieder auf ihren verstorbenen Mann Robert Wolff
bezogen als „Wolff Robert, Wwe“ aufgeführt [17]. Auch taucht in dieser Zeit
oft die Doppelbezeichnung „Nächelsgasse 1 und Holzmarkt 1“ [17]. Hiermit war
aber ein und dasselbe Gebäude benannt, da die Brauerei genau an der Ecke
gelegen war, an der die Nächelsgasse und der Holzmarkt begannen.
Über diese Zeit ist nicht viel bekannt. Es gibt einige
Anzeigen zum Verkauf von Bier und Treber, sowie von Vereinen, welche ihre
Versammlungen in der Restauration der Brauerei abhielten. Auffällig ist,
dass die Brauerei in dieser zeit fast wöchentlich Anzeigen in der lokalen
Presse schaltete, in denen Brauer und Brauergesellen gesucht worden. Es gab
also auch schon zu dieser Zeit einen eklatanten Fachkräftemangel.
Ein weiterer Sohn von Ursula Wolff, Robert Wolff jr.,
heiratete im Jahr 1867 die zu der bekannten Mülheimer Brauerfamilie Thurn
gehörende Maria Thurn [13]. Robert Wolff stieg aber nicht in die Brauerei
seines Schwiegervaters ein, sondern übernahm bereits einige Monate zuvor die erst seit einem Jahr von
seinem Bruder Christoph übernommene Brauerei in der Freiheitstraße 125 [6].
[13, 30.12.1866] „…Geschäfts=Eröffnung. Mit dem heutigen Tage
habe ich die bisher von meinem Bruder geführte Bierbrauerei nebst
Wirthschaft (genannt zum weissen Pferdchen) für meine eigene Rechnung
übernommen, was ich hiermit Freunden und Bekannten ergebenst anzeige mit der
Bitte um geneigten Zuspruch. Robert Wolff. Mülheim a. Rh, den 31. Dec.
1866…“
Im Jahr 1868 tritt Christoph Wolff wieder in Erscheinung, und
zwar als Brauer in der Brauerei „Zur Zweipann“ in der Breitestraße 17. Diese
Brauerei wurde zu dieser Zeit von der Familie Scheben geführt, Christoph
Wolff war vermutlich nur als Brauer angestellt. Unstetig wie Christoph Wolff
war, übernahm er nur ein Jahr später, im Jahr 1869, die Führung einer
Wirtschaft am kleinen Griechenmarkt 69. Auch das schien in nicht zu
erfüllen, den wiederum 2 Jahre später wechselt er wieder vom Wirt zum Brauer
und übernahm die Brauerei und Wirtschaft in der Rheingasse 27. Diese
Brauerei, genannt „zum Hahnen“ war zuvor für Jahrzehnte von der Familie
Hummelheim geführt worden. Auch hier war nach 2 Jahren Schluss, im Anschluss
verliert sich die Spur von Christoph Wolff.
Im Jahr 1873 übergab Ursula Wolff nach 22 Jahren die Führung
der Brauerei in der Nächelsgasse an ihren Sohn Johann Joseph und zog sich
aus dem Geschäftsleben zurück.
Im April 1880 verstarb Ursula Wolff geb. Weiler.
(W011) [13, 17.02.1852]
Keine 2 Monate nach dem Tod ihres Mannes musste die Witwe Wolff einen
weiteren Schicksalsschlag hinnehmen, 2 ihrer Kinder verstarben an Typhus
(W012) [13, 02.09.1855]
Nach dem Tod von Robert Wolff wurde, nicht ungewöhnlich, die Brauerei
versteigert, um alle Erbberechtigten auszahlen zu können. Ungewöhnlich ist,
dass dies erst fast 4 Jahre nach dem Tod von Robert Wolff erfolgte. Die
Brauerei blieb bei der Versteigerung im Besitz von Witwe Wolff
(W004) [13, 30.05.1858]
Jubelfeier für den Oberlehrer. Interessant ist bei dieser Anzeige aus dem
Jahr 1858 aber eher, dass Christian Wolff und nicht etwa seine Mutter
aufgeführt ist
(W006) [13, 24.04.1859]
Anstich des Lagerbieres und Eröffnung einer mit Gas erleuchteten Kegelbahn.
In dieser Anzeige aus dem Jahr 1859 ist wieder Christoph Wolff aufgeführt
(W001) [13, 20.11.1858]
Versammlung der Lotterie-Gesellschaft bei Wolff in der Nächelsgasse Nr. 1.
Anzeige aus dem Jahr 1858
(W005) [13, 21.11.1858]
Es soll definitiv eine humoristisch-carnevalistische Gesellschaft gebildet
werden. Anzeige aus dem Jahr 1858
(W007) [13, 11.09.1859]
Diverse Volksbelustigungen (Vogel-Schiessen, Sacklaufen, Hahnenköppen und
vieles mehr) bei Wolff zur Anlass der St. Johannis-Kirmeß.
(W008) [13, 27.01.1860]
Wöchentlich Treber ist nachzuvollziehen, einige tausend Steinkrüge geben
aber Rätsel auf. Anzeige aus dem Jahr 1860
(W009) [13, 29.04.1860]
Außer Bier wurde auch Malz verkauft
(W009) [13, 16.10.1865]
In dieser Anzeige aus de Jahr 1865 ist wieder explizit die "Witwe Robert
Wolff" benannt
(W013) [13, 31.12.1866]
Robert Wolff jun., ein Sohn der Witwe Wolff, übernahm Ende 1866 von seinem Bruder
Christoph eine Brauerei in Mülheim am Rhein
(W014) [13, 25.04.1867]
Im April 1867 heiratete Roberf Wolff die aus einer Mülheimer Brauerfamilie
stammende Maria Thurn
(W015) [13, 08.04.1880]
Im Jahr 1880 verstarb die Witwe Wolff, welche sich bereits im Jahr 1873 aus
dem Geschäftsleben zurückgezogen hatte
Die Führung der Brauerei unter Johann Joseph Wolff (1873-1901)
Johann Joseph Wolff, ein Sohn von Robert und Ursula Wolff,
übernahm die Führung der Brauerei in der Nächelsgasse im Jahr 1873 nach dem
Rückzug seiner Mutter aus dem Geschäftsleben.
Im Jahr zuvor hatte er die ebenfalls aus Köln stammende
Christine Ziesen geheiratet. Zusammen hatten sie 7 Kinder, von denen
allerdings schon 4 im Kindesalter verstarben [13, 27].
Weiter gibt es wenig Informationen über die Zeit der Führung
durch Johann Joseph Wolff. Die Brauerei in der Nächelsgasse war eine
typische kleine Hausbrauerei, die fast ausschließlich für den Eigenbedarf
braute und keinerlei Werbung machte.
Im Jahr 1878 verstarb überraschend Robert Wolff, der Bruder
von Johann Joseph Wolff, welcher als Brauer in Mülheim tätig war [5]. Die
Brauerei in Mülheim, mittlerweile nach einer Neunummerierung der
Freiheitstraße an Hausnummer 30 gelegen, wurde noch gut ein Jahr durch seine
Witwe Maria Wollf geb. Thurn weitergeführt, bis dann Franz Baumeister die
Brauerei übernahm [6]. Im Jahr 1884 heiratete Maria Wolff erneut und passender
Weise mit Wilhelm Mack einen aus Köln stammenden Brauer [27]. Nach der
Heirat, bei der vertraglich eine Zugewinngemeinschaft festgelegt worden war,
übernahmen beide wieder die Führung der Brauerei in der Freiheitstraße 30
von Franz Baumeister. Im Jahr 1895 wurde die Brauerei geschlossen, was
anschließend aus Maria und Wilhelm Mack wurde, ist nicht bekannt.
Im Mai 1893 änderte sich die Adresse der Brauerei im Kontext
einer Straßenumbenennung, aus der Nächelsgasse 1 wurde die Bayenstraße 87 [18].
Zwei Brauer sind noch bekannt, die in der Brauerei von Johann
Joseph Wollf arbeiteten. Zum eine war dies Peter Cravatzo, gesichert für das
Jahr 1897 [19], sowie Peter Schäffer, gesichert für das Jahr 1899 [18].
Im Jahr 1901 zog sich Johann Joseph Wolff aus dem
Geschäftsleben zurück und verkaufte die Brauerei in der Bayenstraße an Anton
Raffauf. Die Ära Wollf war damit nach 63 Jahren Geschichte, keines der
Kinder von Johann Joseph Wolff war mehr im Brauwesen tätig.
(F003) [2]
Zeichnung der Häuser in der Bayenstraße 85/87 um 1900
(W016) [13, 12.02.1884]
Im Jahr 1884 heiratete die Witwe von Robert Wolff jun. erneut. Wieder einen
Brauer, diesmal aus der Kölner Brauerfamilie Mack
Die Führung der Brauerei unter Anton Raffauf (1902-1908)
Wann genau Anton Raffauf die Brauerei erwarb ist nicht
gesichert, vermutlich war es im Frühjahr 1902. Für Anton Raffauf war die
Brauerei in der Bayenstraße 87 die erste Station als Brauer. Es gab auch
keine Beziehung der Familie zum Brauwesen, der Vater von Anton Raffauf war
als Schutzmann tätig. Erste Annäherungen gab es durch Adolf Raffauf,
vermutlich einem Bruder von Anton Raffauf. Dieser führte ab dem Jahr 1875
ein Wirtshaus in der Rosenstraße 1 [17]. Im Jahr 1878 übernahm Anton Raffauf
die Wirtschaft in der Rosenstraße und führte diese insgesamt 22 Jahre bis ins Jahr 1900. Zu
dieser Zeit schon in den Sechzigern nahm sich Anton Raffauf im Jahr 1901
eine Auszeit (im Adressbuch dieses Jahres wird er als „ohne Gewerbe“
aufgeführt) und wagte im Jahr 1902 den Neuanfang als Brauer. Er erwarb die
Brauerei in der Bayenstraße von Johann Joseph Wolff und führte fortan die
Brauerei.
Anton Raffauf begann auch zaghaft damit, Werbung für die
Brauerei zu machen. Bekannt sind einige Anzeigen, in denen Anton Raffauf
sein „hochfeines Kölner Lagerbier“ anpries sowie regelmäßige Neujahrsgrüße
an die „geehrten Gäste und Bekannten“.
Im Jahr 1904 kaufte Anton Raffauf das in der Bayenstraße 85
gelegene Nebenhaus von der Erbengemeinschaft Sauerländer. Zuvor war in
diesem Haus jahrzehntelang eine Bäckerei ansässig gewesen. Der
Gebäudekomplex Bayenstraße 85/87 war damit jetzt an 3 Seiten von Straßen
umgeben (vom Rhein aus gesehen an der Frontseite die Bayenstraße, links der
Catharinengraben und rechts die Nächelsgasse).
Anton Raffauf führte die Brauerei bis ins Jahr 1908, in dem
er die Führung der Brauerei an seinen gleichnamigen Sohn übertrug, was in
einer großformatigen Anzeige im Kölner-Lokalanzeiger angezeigte.
[18, 01.04.1908] „…Brauerei-Uebertragung! Meinen werten
Gästen und Bekannten mache ich hierdurch die ergebene Mitteilung, dass ich
mit dem heutigen Tage meine obergärige Brauerei und Wirtschaft auf meinen
Sohn Anton übertragen habe. Indem ich für das mir bisher erwiesene
Wohlwollen bestens danke, bitte ich, dasselbe auf meinen Sohn übertragen zu
wollen. Achtungsvoll! Anton Raffauf sr., früher Wolff.
Anton Raffauf senior blieb weiterhin Besitzer der Brauerei,
zog sich aber aus dem Geschäftsleben zurück und wurde fortan in den Kölner
Adressbüchern als Rentner wohnhaft in der Jacobstraße 10 aufgeführt.
(W011) [18, 19.06.1903]
Die Pfarre St. Johann-Baptist bespricht sich in der Brauerei Raffauf (früher
Wolff). Anzeige aus dem Jahr 1903
(W012) [18, 25.04.1905]
Die Krankenkasse der Kölner Wirte-Innung versammelt sich im Lokale von
Raffauf. Anzeige aus dem Jahr 1905
(W017) [20, 13.11.1906]
Ein Junge vom Lande wird gesucht. Anzeige aus dem Jahr 1906
(W013) [18, 08.09.1905]
Werbung der "Obergärigen Brauerei Raffauf" für ihr "hochfeines Lagerbier"
aus dem Jahr 1905
(W016) [18, 12.05.1906]
Werbung der "Obergärigen Brauerei Raffauf" für ihr "hochfeines Lagerbier"
aus dem Jahr 1905
(WR004) [18, 31.12.1905]
Grüße zum neuen Jahr 1906
(W014) [18, 01.01.1908]
Grüße zum neuen Jahr 1908
(WR005) [01.04.1908]
Anzeige Von April 1908, in der Anton Raffauf sen. bekannt macht, dass er
seine Brauerei an seinen Sohn Anton Raffauf jun. übertragen hat
Die Führung der Brauerei unter Anton Raffauf jun. (1908-1913)
Anton Raffauf jun. übernahm am 1. April 1908 die Führung der
Brauerei in der Bayenstraße 87 von seinem Vater.
[18, 01.04.1908] „…Meinen werten Freunden und Bekannten mache
ich hierdurch die ergebene Mitteilung, dass ich mit dem heutigen Tage die
obergärige Brauerei und Wirtschaft meines Vaters übernommen habe und bitte
um geneigtes Wohlwollen. Achtungsvoll! Anton Raffauf jr, Bayenstrasse 87.
Tel. 8001. Köln, den 1. April 1908…“
Anton Raffauf jun. war verheiratet und hatte mindestens eine
Tochter (Christine, geboren im Jahr 1910) und einen Sohn (Anton, geboren im
Jahr 1912). Genauere Daten sind leider nicht bekannt.
Im Jahr 1911 kaufte Anton Raffauf jun. seinem Vater die
Brauerei ab und war fortan nicht nur Betreiber, sondern auch der Besitzer
der Brauerei, was er auch in einer Anzeige im Kölner Lokal-Anzeiger
öffentlich machte.
[18, 01.10.1911] „…Brauerei für obergär. Bier. Meinen
verehrten Gästen und Bekannten die ergebene Mitteilung, dass mit dem
heutigen Tage die von mir bis jetzt geleitete Obergärige Brauerei durch Kauf
von meinem Vater in meinen Besitz übergegangen ist. Ich bitte, mir auf für
die Zukunft das mir gezeigte Vertrauen weiter zu bewahren und zeichne
Hochachtungsvoll Anton Raffauf jun., Bayenstrasse 87…“
Der Betrieb lief ähnlich wie zuvor, allerdings gelang es
Anton Raffauf jun. mit dem Strunderhof in Sürth eine weitere Absatzstätte
seines Bieres zu erschließen.
Interessant ist auch die Tatsache, dass noch mehr als 10
Jahre der Übernahme der Brauerei von Johann Joseph Wolff in den meisten
Anzeigen noch mit „vormals Wolff“ geworben wurde. Dies lässt auf den großen
Bekanntheitsgrad der Familie Wolff schließen.
Fünf Jahre nach der Übergabe der Führung an Anton Raffauf war
dann unerwartet Schluss, Anton Raffauf jun. verkaufte die Brauerei an Paul Peter. Die
Gründe hierfür sind unbekannt, vermutlich arbeitete Anton Raffauf im
Anschluss als Versicherungsvertreter [17].
(W001) [18, 01.01.1911]
Neujahrsgrüße von Anton Raffauf jun. zu Neujahr 1911. Gab es auch identisch
zu Neujahr 1909 und 1910
(W006) [18, 01.10.1911]
In dieser Anzeige von Oktober 1911 gibt Anton Raffauf jun. bekannt, dass er
die Brauerei seines Vaters käuflich erworben hat
(W007) [18, 02.06.1912]
Anzeige des Stunderhofs in Sürth, dass dort ab sofort "prima obergäriges
Bier (echt Kölsch9" aus der Brauerei von Anton Raffauf jun. zum Ausschank
kommt
(W015) [18, 19.05.1912]
Traber abzugeben. Anzeige aus dem Jahr 1912
Die Führung der Brauerei „Zum Marienbildchen“ unter Paul Peter (1913-1919)
Paul Peter war nicht neu im Brauereiwesen, als er die
Brauerei in der Bayenstraße 87 im Jahr 1913 von Anton Raffauf jun. erwarb.
Paul Peter war zuvor schon längere Zeit in der Brauerei von Peter Josef
Maassen in der Hahnenstraße, dem späteren Hahnenbräu als
Braumeister tätig gewesen.
Die Übernahme der Brauerei kündigte er wie folgt an:
[16, 13.09.1913] „…Obergärige Brauerei Zum Marienbildchen,
Bayenstrasse 87. Eröffnung heute Samstag, den 13. September, abends 6 Uhr.
Der Neuzeit entsprechend renoviert. Zum Ausschank gelangt ein gutes Glas
Kölsch. Zum gefl. Besuch ladet ergebenst ein Paul Peter, Besitzer…“
Bereits 2 Wochen zuvor erschien in der Kölner Presse
folgender Artikel über die bevorstehende Übernahme und Neueröffnung:
[18, 29.08.1913] „…Besitzwechsel. Die obergärige Bierbrauerei
von Hrn. Anton Raffauf jr., Bayenstraße 87, ist durch Kauf in den Besitz des
langjährigen Brauers der Brauerei Maaßen, Hrn. Paul Peter, übergegangen.
Nach vollständiger Renovierung wird der neue Besitzer die Brauerei am 15.
September d. J. übernehmen…“
Die schon Jahrhunderte bestehende Brauerei bekam also erst im
Jahr 1913 durch Paul Peter ihren Namen „Zum Marienbildchen“. Abgeleitet
wurde der Name von der außen angebrachten Marien-Statue, die es zu dieser
und insbesondere in vorheriger Zeit an vielen Kölner Häusern gab. Die
Brauerei in der Bayenstraße 87 war aber
nicht die erste Brauerei mit dem Namen „Marienbildchen“, bereits ab den
1650er Jahren, gesichert bis ins Jahr 1867 [13], trug die spätere Brauerei
„Zur Schreckenskammer“ in der Johannisstraße 42 diesen Namen .
(W003) [18, 13.09.1913]
Eröffnungsanzeige von Paul Peter aus dem Jahr 1913. Hier wurde zum ersten
Mal die Brauerei mit "Zum Marienbildchen" bezeichnet
(PK002) [Sammlung Ippen]
Postkarte der Brauerei unter Paul Peter, gelaufen im Jahr 1915
Die Führung der Brauerei „Zum Marienbildchen“ durch Curt Cabalzar / Wwe. (1919-1932)
Trotz des außergewöhnlichen Namens „Cabalzar“ ist fast nichts
über Curt Cabalzar in Erfahrung zu bringen. Bekannt ist, dass er im Jahr
1911 die ebenfalls aus Köln stammende Luise Knorr heiratete [20]. Als
Adresse von Curt Cabalzar wird Weidenbach 24 angegeben. Hieraus lässt sich
schließen, dass Curt Cabalzar zu dieser Zeit in der Brauerei von Jean Weiden
am Weidenbach 24 tätig war.
Weitere Informationen liefert der nachfolgende Artikel von
Lambert Macherey aus dem Jahr 1921. Dort ist zu lesen, dass Curt Cabalzar
aus einer ostpreußischen Brauerfamilie stammte und vor der Übernahme des
Marienbildchens bereits 20 Jahre als Brauer in Köln tätig gewesen war.
[1, 1921] „…Zu den ältesten, vom frühen Mittelalter her noch
im Betrieb befindlichen Hausbrauereien gehört auch, nachdem "Im Oertchen"
und "Im Hirschen" neuerdings nicht mehr gebraut wird, das Brauhaus "Zum
Marienbildchen" an der Bayenstraße 85/87, dessen jetziger Besitzer Curt
Cabalzar seit Mai 1919 ein tüchtiger Fachmann ist, der aus einer alten
ostpreußischen Brauerfamilie stammt und seit 20 Jahren in Kölner
Hausbrauereien das echte obergärige Kölsch zu meistern gelernt hat. Cabalzar
kaufte das Haus vom Brauer Peter, dem jetzigen Inhaber des Hahnenbräu, der
es 1913 vom heutigen Inhaber des „Erpeler Ley“ übernommen hatte, der 1901
Nachfolger der altangesehenen Brauerfamilie Wolf geworden war. Das Brauhaus
wird schon um 1412, als „Im Stern“ bezeichnet, in den alten Ratsprotokollen
erwähnt und ist seit dem stets Brauerei geblieben. In den tiefen Bierkellern
befinden sich große Brunnen; ein Teil der ältesten Brauereigeräte ist noch
vorhanden. Sehenswert ist das Innere des Hauses durch eine ausgeschnitzte
Balkendecke und die uralte Theke mit romanischen Fenstern eine Seltenheit!
Die Außenzier des Hauses ist das berühmte Muttergottesbildnis, dessen
kunstvoller Tragarm früher auch als Ständer für die erste
Petroleumbeleuchtung gedient hat. In dem südlichen Vorbau des Hauses, der
aus dem Jahre 1620 stammt, befinden sich alte Lohbrunnen. Das Haus hat sich
immer des besten Rufs in der Fachwelt erfreut und stets regen Verkehr
aufzuweisen…“
Ein Jahr zuvor, im Jahr 1920, taucht Carl Calbazar noch
einmal in einer Sammelanzeige des Vereins obergäriger Hausbrauereien auf
[21]. In dieser werben 26 Brauereien damit, dass es nach dem Krieg wieder
Vollbier mit mindestens 8% Stammwürze aus Auslandsmalz gibt. Zu dieser Zeit
gab es, kurz nach dem 1ten Weltkrieg und noch unter britischer Besatzung, noch eine Rationierung von Getreide.
Die cleveren Kölner Brauer
hatten sich das Malz anscheinend im Ausland organisiert.
Curt Cabalzar starb vermutlich Ende des Jahres 1928, ab dem
Jahr 1929 taucht seine Witwe als „Cabalzar Kurt, Wwe.“ Im Kölner
Branchenverzeichnis auf [6]. Sie Witwe Luise Cabalzar geb. Knorr, führte
die Brauerei weiter bis ins Jahr 1932. Im Adressbuch des Jahres 1933 [6]
taucht die Witwe Cabalzar nicht mehr auf, vermutlich war sie ebenfalls
verstorben.
Die Gebäude in der Bayenstraße 85 und 87 wurden im Jahr 1933
von einer Witwe Kowitz aus Bergisch Gladbach erworben. Der Brauereibetrieb
wurde eingestellt und nur noch eine Restauration weiterbetrieben. Betreiber
im Jahr 1933 war Wilhelm Simon jun., ab dem Folgejahr führte Jose Knorr,
vermutlich ein Verwandter der Witwe Cabalzar (welche eine geborene Knorr
war) die Restauration.
(F002) [unbekannt]
Foto der Häuser Bayenstraße 85/87, vermutlich aus den 1920er Jahren. Die
namensgebende Marienfigur ist rechts oberhalb des Einbahnstraßenschildes zu
sehen.
(F006) [30]
Foto der Häuser Bayenstraße 85/87 um 1920
(F005) [30]
Foto des seitlichen Toreingangs von Hausnummer 85 zur Seite von Hausnummer
87 hin um 1920. Das Haus Bayenstraße 85 hieß früher wahrscheinlich „Zum
Hasen“. Die Jahreszahl 1690 und das Wappen mit "AP" könnten auf Anton Pütz
hinweisen
(F004) [3]
Zeichnung der Häuser in der Bayenstraße 85/87 aus dem Jahr 1932. Die
Fassaden-Schrift "Zum Marienbildchen" wurde bei der sonst naturgetreuen
Zeichnung weggelassen
(F010) [28]
Foto des damals modernen Sudhauses der Brauerei aus dem Jahr 1933
(F008) [28]
Foto eines Teils des Innenraums der Restauration aus dem Jahr 1933
(100) [17.09.1920]
Anzeige des "Vereins obergäriger Hausbrauereien" aus dem Jahr 1920. Dank
Auslandsmalz ist wieder Vollbier verfügbar. Der Verein gleicht einem
Kartell, alle 26 Brauereien, darunter aus das Marienbildchen von Curt Cabalzar, haben die gleichen Preise
(W001) [1]
Werbung der Brauerei aus dem Jahr 1921
Die Brauerei „Zum Marienbildchen“ unter Führung von Josef Kristen (1935-1943)
Im Jahr 1935 erwarb Josef Kristen die Gebäude in der
Bayenstraße 85 und 87, renovierte sie und eröffnete im September 1935 seine
„Obergärige Brauerei zum Marienbildchen“.
[18, 28.09.1935] „…Neueröffnung. Nach Ankauf und
vollständiger Umgestaltung eröffnen wir am Samstag, dem 28 September d.J.
abends 6 Uhr die altbekannte seit 1412 bestehende historische Obergärige
Brauerei zum Marienbildchen. Bayenstraße 85/87. Es gelangt zum Ausschank
„Echt Kölsch“, gebraut nach alter Art des Hauses. Pflege des Gastes ist
oberster Grundsatz. Es laden höflichst ein Jos. Kristen und Frau.
Vermutlich wurde zu Beginn noch nicht selbst gebraut, sondern
erst ab dem Jahr 1938 [6].
Über Joseph Kristen ist keine Vorgeschichte bekannt. Die
erste bekannte Erwähnung stammt aus dem Jahr 1933 und weißt daraufhin, dass
Josef Kristen ein Nazi und Antisemit der ersten Stunde war. Er ließ sich im
Musterregister 4 Entwürfe für „Propagandaplakate“ eintragen, alle mit
Hakenkreuz versehen und dem Spruch „Kauft Deutsche Ware“.
[22, 09.06.1933] „…Köln. In das Musterregister wurde im Monat
Mai 1933 eingetragen: Nr. 3152. Josef Kristen, Kaufmann, Köln, Nächelsgasse
3, 4 Muster eines Propagandaplakates in versiegeltem Umschlag, Fabriknummer
2: Propagandaplakat in schwarz-weiß-roter Farbenausführung, links
schwarz-weiß-rote runde Rokarde mit Hakenkreuz in der Mitte, der untere Teil
ist mit einem breiten schwarz-weiß-roten Streifen ausgefüllt und trägt in
deutscher Schrift "Kauft Deutsche Ware", Fabriknummer 3: genau wie Nr. 2 in
Farbenausführung, das Plakat trägt an der oberen linken Seite 3 cm vom Rande
einen 1 1/2 cm breiten schwarz-weiß-roten Streifen, im Schnittpunkt des
Streifens liegt im roten quadratischen Felde 5,5 cm das Hakenkreuz,
Aufschrift wie Fabr.-Nr. 2, …“ usw.
Aus dem Jahr 1941 gibt es noch einen Zeitungsbericht aus der
Serie „Alte Kölner Straßen und Plätze“, welcher auch Informationen über die
Brauerei „Zum Marienbildchen“ enthält und aus dem auch die weiter unten
abgebildete Zeichnung der Gebäude stammt (F007).
[23, 07.06.1941] „…Alte Kölner Straßen und Plätze (3) …Ganz
besondere Beachtung verdient der malerische Bayenturm, der früher als
Wartturm, dann als Gefängnis und in neuerer Zeit als Museum dient. Den
Malern war er stets ein beliebtes Motiv. Die schöne Hausgruppe Bayenstraße
85.87 „Zum Marienbildchen“ ist besonders gut erhalten Das vorspringende
Spitzgiebelhaus mit dem Rundbogenportal trägt die Jahreszahl 1690. Die
Eckfigur der Madonna an dem zurückliegenden Hause ist ungefähr aus gleicher
Zeit. Die Maueranker tragen die Aufschrift (G) o ( h) r Brandt. Das alte
Brauhaus hat seine frühere Eigentümlichkeit bewahrt. Niedrig ist der mit
alten Kacheln ausgeschmückte Hausflur. Massiv der massige Eckpfosten an der
engen Wendeltreppe. Eine mannshohe Holzbekleidung verschönert die Stube.
Alte Zinngegenstände zieren die hellen Flächen. Im Keller befindet sich ein
alter sagenhafter Pütz (Brunnen), aus dem man zum Brauen „Kölnisch Wasser"
schöpft. Das Haus hat seinen Namen „Zum Marienbildchen“ höchstwahrscheinlich
aus der Zeit, als es noch keine öffentliche Stadtbeleuchtung gab. (Damals
ließ man, wie Bender schreibt, städtischerseits je eine Kerzenlaterne in
unmittelbarer Nähe des Rathauses brennen. Dazu kamen die kleinen Lichter vor
den Marien= und Heiligenbildern, wie sie heute noch im Innern alter Häuser
üblich sind. Es war untersagt, abends nach 11 Uhr ohne Licht durch die
Straßen zu gehen. Zum Zwecke der Sicherheit pflegte man wichtige Straßen
durch Ketten, abzusperren.) Das goldene Schloß, welches in der vorgenannten
Brauerei als Ueberbleibsel jener Zeit aufbewahrt wird, mag wohl damals bei
der nächtlichen Absperrung der Nächelsgasse gedient haben. Cabero…“
Die letzte Erwähnung von Josef Kristen stammt aus dem Jahr 1943, im Anschluss
wurden die Gebäude in der Bayenstraße 85 und 87 bei alliierten
Bombenangriffen völlig zerstört.
Die Daten nach dem zweiten Weltkrieg geben einige Rätsel auf.
Im Adressbuch des Jahres 1954 [6] wird die Bayenstraße 85 und 87 noch mit
„zerstört“ aufgeführt, im Adressbuch des Jahres 1958 [6] wird sie gar nicht
aufgeführt.
Kurios wird es ab dem Jahr 1959. Im Adressbuch ist unter
Bayenstraße 85-87 der Eintrag „Kristen J., Bierbrauerei“ zu finden. Diesen
Eintrag gibt es noch bis zum Jahr 1969 [6], im Jahr 1970 enden dann die
Hausnummern der Bayenstraße bei Nummer 69. Vermutlich hat dies mit dem Bau
der Severinsbrücke zu tun, diese wurde zwar schon im Jahr 1959
fertig gestellt, die Bayenstraße 85-87 lag aber im Bereich zwischen
Brückenzufahrt und Brücke.
Auch wenn „Bierbrauerei“ aufgeführt wird, gebraut wurde nach
dem zweiten Weltkrieg definitiv nicht mehr.
Im Jahr 1970 taucht Josef Kristen dann nicht mehr in der
Bayenstraße, sondern in der Straße An den Dominikanern 2 auf. Auch hier
wieder mit dem Zusatz „Bierbrauerei“. Das letzte Mal taucht Joseph Kristen
im Firmenhandbuch der Jahr 1974/75 [24] auf, immer noch mit dem Zusatz
„Bierbrauerei“. Im Firmenhandbuch des Jahres 1976/77 [24] ist Josef Kristen
dann nicht mehr enthalten.
(W004) [18, 28.09.1935]
Anzeige zur Eröffnung der Brauerei zum Marienbildchen durch Josef Christen
aus dem Jahr 1935
(F001) [29]
Foto der Gebäude Bayenstraße 85/87 um 1935. Die Aufschrift "Zum
Mareinbildchen" auf der Hausnummer 87 ist kaum noch zu erkennen, dafür aber
"Würzburger Hofbräu" auf der Hausnummer 85
(F007) [23. 07.06.1941]
Zeichnung der Häuser Bayenstraße 85/87, veröffentlicht in einem
Zeitungsartikel aus dem Jahr 1941. Dafür, das die Häuser einmal "Zum Hafen"
genannt wurde, findet sich kein weiterer Nachweis
(F009) [28]
Foto eines Teils des Innenraums der Restauration aus dem Jahr 1942
(W007) [25, 07.11.1937]
Mädchen nicht unter 20 Jahren gesucht. Anzeige aus dem Jahr 1937
(W005) [23, 31.12.1939]
Grüße zum neuen Jahr 1940 von Josef Christen und Frau
(W010) [18, 12.11.1939]
Werbung der Brauerei aus dem Jahr 1939
(W002) [23, 06.02.1938]
Werbung aus dem Jahr 1938 mit "Echt Kölsch" und Bezug zum Jahr 1412
(W006) [18, 27.04.1940]
Werbung der Brauerei aus dem Jahr 1940
(W009) [18, 03.05.1941]
Werbung der Brauerei aus dem Jahr 1941
(F001) [31]
Die nicht mehr existierende Bayenstraße 87 aus dem Jahr 2008. Wo sich früher
das Leben abspielte ist heute nur noch Tristes
Übersicht der Firmierungen
Zeitraum
Firmierung
Anmerkung
(1797)-1838
Brauerei "Zum Stern", Johann Schumacher
1797: Am Neckels Thor 674
1813: Rue des Nacelles n. 1
1820: Am Neckels Thor 674
1822: Nächelsgasse 1
1932-1933: Wilhelm Simon jun.
1933-1935: Jose Knorr
1935-1938: Josef Kristen
1938-1943
Brauerei "Zum Marienbildchen", Josef Kristen
1959-1974
Brauerei "Zum Marienbildchen", Josef Kristen
Kein Braubetrieb mehr
Brauereien mit Bezug zur Brauerei "Zum
Marienbildchen"
In der nachfolgenden Tabelle sind alle Brauereien aufgeführt, welche einen direkten oder indirekten Bezug zur Brauerei
"Zum Marienbildchen" hatten. Für diese Brauereien gibt es eigene Brauereihistorien, welche
über den angegebenen Link aufgerufen werden können.
Brauerei
von - bis / übernommen von / Anmerkungen
Brauereihistorie
Obergärige Bierbrauerei Hahnenbräu
Paul Peter, Inhaber der die Brauerei
"Zum Marienbildchen" von 1913-1919, führte von 1918-1931 auch die
"Obergärige Brauerei Hahnenbräu" in der Hahnenstraße 43
Brauerei Zum Marienbildchen
Die erste Brauerei "Zum Marienbildchen"
war die spätere, in der Johannisstraße gelegene Brauerei "zur Schreckenskammer". Diese bestand nachweislich
von 1650 bis 1867
Anmerkungen
•
Brauereien mit den Namen „Marienbildchen“ gab es viele.
Auch in Köln gab schon wesentlich früher eine Brauerei gleichen Namens.
Das heute noch existierende Brauhaus „Zur Schreckenskammer“ trug diesen
Namen nachweislich von ca. 1650 bis 1867. Auch in neuerer Zeit gab es in
der Falkenburger Straße 21 in Köln-Lindenthal eine Kneipe mit dem Namen
„Zum kleinen Marienbildchen“, welche aber im Jahr 2022 geschlossen
wurde. Weiter gab es auch im benachbarten Neuss eine Brauerei gleichen
Namens. Diese wurde im Jahr 1865 gegründet und trug den Namen „Zum
Marienbildchen“ von 1902 bis zur Schließung im Jahr 1939
•
In der Brauerei befand sich seit dem Jahr 1595 eine
amtliche Wasserstandstafel, auf der die die Höchst- und Tiefststände des
Rheinpegels eingetragen waren. Die wurde bei extremen Wasserständen
gerne von der lokalen Presse aufgegriffen, wie auch der folgende Artikel
aus dem Jahr 1906 zeigt: [18, 10.11.1906] „…Zum niedrigen Wasserstand
des Rheines. Bekanntlich ist in den letzten Wochen der Kölner Pegel bis
auf 0,50 Meter gesunken. Wie es heißt, soll seit Menschengedenken der
Wasserstand des Rheines nicht mehr so niedrig gewesen sein, dagegen sei
bemerkt, daß sich in der im 14. Jahrhundert erbauten Bierbrauerei von
Hrn. Anton Raffauf in der Bayenstraße 87 eine amtliche Wasserstandstafel
befindet, welche die verschiedenen Wasserstandnachrichten nach dem
Kölner Pegel vom 15. Jahrhundert enthält. Der Kölner Pegel zeigte nach
dieser Wasserstandstafel am 31. Dezember 1833 viereinhalb Zoll unter
Null. Der höchste Wasserstand war nach dem Kölner Pegel am 27. Februar
1784 42 Fuß 6 Zoll und dann am 29. November 1882 32 Fuß 7 Zoll…“
•
In der Brauerei an der Bayenstraße 85 wurde im Jahr 1912
der Stammtisch „Mer loße uns nit“ gegründet. Dieser wurde im Jahr 1920
umgewidmet zur Karnevalsgesellschaft „Fidele Zunftbrüder“, welche heute
noch existiert [8]
Brauereiwerbemittel
Bierdeckel
(D001) [unbekannt]
Bierdeckel der Brauerei "Zum Marienbildchen" unter Führung von Josef Kristen
aus den 1930er Jahren
Quellenverzeichnis
1
"Kölner Kneipen im Wandel der Zeit (1846 bis 1921), Lambert
Macherey, 1921, Selbstverlag
2
Rheinisches Bilderarchiv, rba_mfL002848_44, Johann Trimborn,
Tuschezeichnung, um 1900
3
Rheinisches Bilderarchiv, rba_mf165708. Walter Wegener,
Federzeichnung, 1932
4
Artikel von Wilhelm Scheben aus dem Jahr 1888, erschienen
im Kölner Sonntags-Anzeiger, Ausgaben 615 (05.08.1888), 617 (19.08.1888)
und 618 (26.08.1888)
5
"Aachener Zeitung", Ausgabe 13.03.1878
6
"Brauerei-Verzeichnis Deutschland", Michael Gorytzka,
Manfred Friedrich, herausgegeben von der Fördergemeinschaft von
Brauerei-Werbemittel-Sammlern e.V. (FvB), Ausgabe November 2009
7
"Die ältesten Brauereien Kölns", Artikel im Kölner
Sonntags-Anzeiger von Wilhelm Scheben aus dem Jahr 1888