Unternehmensgeschichte der Obergärigen Brauerei in der Gaffel

 

Weitere Informationen zu Gaffel Kölsch und Nachkriegs-Werbemitteln finden Sie im Bereich Kölschmarken auf www.koelschinfo.de

Der
Eigelstein 41 vor der Ära Gaffel
Am Eigelstein 39/41, dem Standort der Privatbrauerei Gaffel bis zum Jahr 2015, stand schon im Jahr 1302 das Brauhaus "Zum Leysten". Überhaupt war der Eigelstein schon immer eine Straße der Brauhäuser (1838 gab es dort 18 Brauereien). Nachdem die Zeiten des Brauhauses "Zum Leysten" lange vorbei waren und die Franzosen wieder aus Köln abgezogen waren gab es im Jahre 1822 eine Brauereineugründung. Die Brauerei "Zum Brüsseler Hof" von Gottfried Joseph Schumacher wurde gegründet. Nach dem Tod von Gottfried Joseph Schumacher im Jahr 1857 übernahmen seine Geschwister die Brauerei aber verkauften sie schon 1859 an Reinhard Joseph Appell. Seine Witwe führte die Brauerei bis 1874.
In den Jahren 1874 bis 1887 wurde der Brüsseler Hof nur als Gaststätte betrieben. Im Jahr 1887 wurde vom Brauer Adam Lenzen wieder eine Brauerei eingerichtet, die dieser bis zum Jahr 1899 führte. In einem Bericht aus dem Jahr 1921, kommt dieser allerdings nicht so gut weg [8]: "...Am Alten Ufer finden wir heute noch das Haus "Em Schiffgen", dann auf dem Eigelstein "En der Gaffel", wo vordem die Brauerfamilie Lenzen hauste...". Im Jahr 1899 wurde die Brauerei kurzzeitig von Heinrich Reissdorf, dem späteren Gründer der Reissdorf Brauerei, geführt. Aber bereits im selben Jahr wurde der Brauereibetrieb wiedereingestellt und der Brüsseler Hof wurde in den folgenden neun Jahren als Gaststätte und Bierhandel der Glückauf Brauerei AG aus Gelsenkirchen geführt.
 
(FBH001) [unbekannt]
Werbeanzeige des "Gasthof zum Brüsseler Hofe" am Eigelstein 41 aus dem Jahr 1840. Eigentümer ist Gottfried Josef Schumacher. Er betrieb dort auch von 1822 bis zu seinem Tod im Jahr 1857 eine Brauerei
 
                                                                                                        
 
(W007) [16, 24.03.1878]
Anzeige der Brauerei Zum Schiffchen aus dem Jahr 1878
(W002) [16, 23.03.1879]
Anzeige von Adam Lenzen aus dem Jahr 1879. Zu dieser Zeit betrieb er noch die Brauerei zum Schiffgen, Altes Ufer 23. Von 1882 bis 1887 betrieb Adam Lenzen noch die Brauerei Zum halben Mond in der Trankgasse 35, bis er im Oktober 1887 seine Brauerei am Eigelstein 41 eröffnete
 
 
(W004) [16, 16.11.1884]
Werbung der Brauerei in der Trankgasse 35 aus dem Jahr 1884
(W005) [16, 08.05.1887]
Anzeige der von Adam Lenzen auf Mai 1887, kurz vor Wechsel an den Eigelstein 41
 
(W001) [15,17.10.1887]
Anzeige zur Eröffnung der Brauerei am Eigelstein 41 durch Adam Lenzen aus dem Jahr 1887
                   
                      
(W003) [16,29.10.1887]
Anzeige zur Eröffnung der Brauerei am Eigelstein 41 durch Adam Lenzen aus dem Jahr 1887
(W006) [16, 16.10.1887]
Anzeige zur Eröffnung der Brauerei am Eigelstein 41 durch Adam Lenzen aus dem Jahr 1887
(W008) [03.03.1889]
Anzeige der Bierbrauerei von Adam Lenzen aus dem Jahr 1889
 
(W009) [22.09.1889]
Anzeige der Bierbrauerei von Adam Lenzen aus dem Jahr 1889
(PKL001) [4]
Postkarte der Brauerei von Adam Lenzen am Eigelstein 41 aus dem Jahr 1898. Die Brauerei bestand von 1887 bis 1899
                                    

Die Gründung der „Obergärigen Brauerei in der Gaffel“
Am 24. Mai 1908 begann die Ära Gaffel. Die Gebrüder Becker übernahmen den Betrieb durch Gründung einer GmbH und nannten ihn "Obergärige Brauerei in der Gaffel". Im Reichsanzeiger ist folgende Bekanntmachung zu lesen [6]:
Cöln, Rhein. In das Handelsregister ist am 29. Mai 1908 eingetragen: Nr. 1108 die Gesellschaft unter der Firma: "Obergärige Brauerei in der Gaffel mit beschränkter Haftung", Cöln. Gegenstand des Unternehmens: Betrieb einer Brauerei in Cöln. Stammkapital: 100.000 Mark. Geschäftsführer: Peter Becker, Kaufmann, Worringen. Gesellschaftsvertrag vom 24. Mai 1908. Ferner wird bekannt gemacht: Oeffentliche Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen im Deutschen Reichsanzeiger. Kgl. Amtsgericht Cöln.
Ob auch, wie auf der Gaffel-Homepage zu lesen, an diesem Tag das erste Gaffel-Bier aus dem Zapfhahn kam, ist eher fraglich. Da die ehemalige Brauerei Adam Lenzen 9 Jahre lang still gelegen hatte, werden umfangreiche Instandsetzungen notwendig gewesen sein.
Die Gebrüder Becker, Peter, Johann und Gerhard Becker, waren zum Zeitpunkt der Gründung der Brauerei bereits erfahrende und erfolgreiche Geschäftsleute. Ihr Vater, Heinrich Becker, hatte in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts die Firma „Heinrich Becker“ in Worringen gegründet, welche nach seinem frühen Tod von seiner Witwe Josepha Becker geb. Felten weitergeführt wurde. Seit 1892 war jeder der Brüder Prokurist dieser Firma [DR]. Betrieben wurden mehrere Firmen, unter anderem im Norden Kölns einen Landhandel, in Worringen eine Dachziegelei und ein Dampfsägewerk. Bereits 1884 hatten sie gemeinsam mit ihrer Mutter die Firma „Becker & Cie.“ in Dormagen gegründet und dort eine Brauerei übernommen. Im Jahr 1898 wurde diese Brauerei in eine Aktiengesellschaft umgewandelt (LINK). Die Aktienmehrheit wurde bald von der Dortmunder Aktienbrauerei übernommen, aber immerhin war Gerhard Becker gesichert bis mindestens 1924 Direktor der Dormagener Aktienbrauerei und auch einige Zeit im Aufsichtsrat der Dortmunder Aktienbrauerei.
Auf den abgebildeten Postkarten und Fotos ist die Entwicklung am Eigelstein 41 halbwegs nachvollziehbar, allerdings liegt die Rolle von Ludwig Baller etwas im Dunkeln. Wenn man die abgebildete Postkarte PK001 sieht, könnte man meinen, Ludwig Baller wäre Besitzer und Brauer in der Obergärigen Brauerei in der Gaffel gewesen. Auf der Website der Familie Baller [3] (schon seit längerem leben alle Familienmitglieder in den Niederlanden) wird auch ausgeführt, dass Ludwig Baller um 1910 Besitzer der Brauerei gewesen wäre. Auf dem abgebildeten Foto FB001 der Belegschaft der Brauerei aus dem Jahr 1911 ist er auch an prominenter Stelle abgebildet. Gesichert ist aber nur, dass er zumindest von 1909 bis 1915 die Restauration am Eigelstein 41 betrieben hat. Vielleicht war er auch an der GmbH beteiligt, näheres ist aber leider nicht bekannt.
(FG001)
Foto des Ausschanks der Glückauf-Brauerei Actien-Gesellschaft. Diese betrieb den Ausschank und einen Bierhandel von 1899 bis 1908. Eigentümer bis zum Jahr 1908 war aber weiterhin die Familie Reissdorf
(unbekannte Sammlung)
(F006) [2]
Foto der "Obergärigen Brauerei in der Gaffel", vermutlich zwischen 1910 und 1920
(unbekannte Sammlung)
(PK001)
Auf dieser Postkarte ist "Ludwig Baller" aufgeführt. Gesichert ist, dass er zu Beginn die Restauration betrieben hat. Ob er auch, wie auf der Website der Familie Baller zu lesen ist, zeitweise Besitzer der Brauerei war, ist unklar
(unbekannte Sammlung)
 
(PK003) [2]
Das gleiche Motiv wie nebenstehend, allerdings hier ohne "Ludwig Baller"
     
(FB001) [3]
Foto der Belegschaft der Obergärigen Brauerei in der Gaffel aus dem Jahr 1911. Links neben dem Fass ist Ludwig Baller abgebildet
 
                                                                                                                    
                                              

Der
Die Entwicklung bis zum zweiten Weltkrieg
Im Jahre 1918 wurde die Brauerei am Eigelstein aufwendig umgebaut und die Inneneinrichtung modernisiert. Die Fassade wurde mit historischen Motiven versehen die an die ursprünglichen Kölner Gaffelhäuser angelehnt waren.
In der Sonderbeilage des Kölner Tageblatts vom 15. Dezember 1929 über die Kölner Brauhäuser wird die Brauerei wie folgt beschrieben [7]:
Das obergärige Brauhaus" In der Gaffel" von den Gebr. Becker, auf dem Eigelstein 41, führte in früheren Jahrhunderten den Namen "Zur alten Gans". Im Jahre 1671 wurde Christine von Kreps, Witwe des Bürgermeisters von Mülheim, an dasselbe angeschreint; diese verkaufte 1675 mit hypothekarischer Belastung an die Eheleute Dr. jur. Arnold Judendunck und Christine Wiertz. Hierdurch kam das Haus in die Hände eines vornehmen und reichen Patriziers, dem wohl das alte, noch aus gotischer Zeit stammende Gebäude nicht mehr genügte; er ließ dasselbe niederreißen und an seine Stelle im Jahre 1684 einen stattlichen Neubau, das jetzt noch stehende Haus, errichten. Die Jahreszahl 1684 fand sich bei dem Umbau im Jahre 1908 in den Stuckverzierungen eines Deckenbalkens und konnte damals leider nicht erhalten bleiben. Seit dem Jahre 1822 wird in diesem Hause Bierbrauerei betrieben, die der jetzige Betreiber Becker von dem Brauer Gentzen übernommen und 1918 in den prächtigen Zustand hat umbauen lassen; sie offenbart jetzt den Charakter eines alten Zunfthauses, und hat deshalb den Namen "In der Gaffel" erhalten. Heute wird hier ein mit den neuzeitlichen Brauerei-Einrichtungen hergestelltes süffiges hochprozentiges Glas Kölsch verabreicht, das einem bei bestens zubereiteten Speisen so zunftgerecht schmeckt, wie anno 1505 dem Kaiser Maximilian im Festsaale der altehrwürdigen Brauer-Gaffel.
Weiterhin ist in einer Zeitungsannonce der obergärigen Brauerei "In der Gaffel" zu lesen:
Größte Kölner Hausbrauerei für obergäriges Bier, mit den modernsten Maschinen und Einrichtungen ausgerüstet, empfiehlt ihr aus den edelsten Rohstoffen gebrautes hochprozentiges, bestens abgelagertes Gaffel-Bräu "Echt Kölsch" - Produktionsfähigkeit der Brauerei beträgt 20.000 Hektoliter jährlich".
Die Brauerei war damals mit ca. 5.000 hl Ausstoß eine kleine Hausbrauerei, ob sie wirklich wie geschildert damals die größte Kölner Hausbrauerei war darf bezweifelt werden. Es wurde nur für den eigenen Bedarf und für Gaststätten und Wirtschaften in der Umgebung gebraut. Es gab weder eine Fass- noch eine Flaschenabfüllung.
Vermutlich Ende der 1930er Jahren wurde die Brauerei stark vergrößert und modernisiert. Wie auf den nachstehenden historischen Bildern zu sehen handelte es sich dabei um einen ziemlich "sachlichen" Bau. Auch gab es mittlerweile ein eigenes separates Kontor (Verwaltung) in der Kölner Altstadt, Salzgasse 42. In den 1940ziger Jahren wurden schon 10.000 hl jährlich produziert. Das produzierte obergärige Bier wurde „Gaffelbräu“ genannt und teilweise mit dem Zusatz „echt Kölsch“ versehen. Es gab aber ab den 1930er Jahren auch schon untergäriges Bier nach Münchner Art aus der Gaffel Brauerei.
Im zweiten Weltkrieg wurde die Brauerei bei alliierten Luftangriffen stark beschädigt, verglichen mit der direkten Umgebung kam man aber glimpflich davon.
(F002) [2]
Foto eines Auslieferungs-LKWs der Brauerei mit der Aufschrift "Gaffel-Bräu". Vermutlich aus den 20/30er Jahren
(unbekannte Sammlung)
(F005)
Links ist eine Fassadenwerbung der "Obergärigen Brauerei in der Gaffel" zu sehen. Der Bier-Anhänger gehört zum rechts noch teilweise zu sehenden "Allerheiligen-Bräu" am Eigelstein 2/4
(unbekannte Sammlung)
 
(F003)
Foto der Gaststätte "Zur Sonne" in Köln-Mülheim aus dem Jahr 1939. Zu sehen sind Werbeschilder von "Gaffel-Bräu Qualitäts-Kölsch" und "Sünner Kristall"
(unbekannte Sammlung)
   
(F013) [17]
Foto des Eigelstein aus dem Jahr 1931. Im Hintergrund gut zu sehen die Gaffel Brauerei an Hausnummer 41
 
                                                                                                            
(F009) [2]
Foto eines klassischen Kölner Köbes, vermutlich 1930er Jahre. Gut zu sehen die Kölschstange und das damals noch wesentlich dunklere Kölsch
(PK001)
Postkarte des Restaurant "In der Gaffel", vermutlich aus den 1920er Jahren. Text auf der Rpckseite:
"In der Gaffel" - Köln a. Rh. Eigelstein 41 - Telefon: 73502
"Echt Kölsch" direkt vom Faß.
(Sammlung Krüger)
 
(PK006) [2]
Postkarte des Restaurant in der Gaffel, vermutlich aus den 1930er Jahren
(PK007) [2]
Postkarte des Restaurant in der Gaffel, vermutlich aus den 1930er Jahren
(PK004) [2]
Weitere Postkarte des Restaurant in der Gaffel. Zu sehen ist links oben ein Ausschnitt des rechts abgebildeten Plakates
(PL001)
Plakat der "Werbegemeinschaft Kölner Hausbrauereien", vermutlich aus den 1930er Jahren. Die Kölner sollten bewegt werden ihr lokales Bier zu trinken und nicht das damals wesentlich populärere untergärige Bier der großen auswärtigen Brauereien
(unbekannte Sammlung)
 
(PK005) [2]
Weitere Postkarte des Restaurant in der Gaffel.
(W002) [2]
Grafik des Brauereikomplexes, vermutlich Anfang der 1940er Jahre. Rechts ist das alte Brauhaus am Eigelstein 41 zu sehen, mittig links die modernen Brauereigebäude am Salzmagazin 42. Passend im Hintergrund links noch der Dom und rechts das Hansa-Hochhaus, die beide in Wirklichkeit wesentlich näher lagen
 
(BK001)
Briefkopf der Brauerei aus dem Jahr 1942
(unbekannte Sammlung)
(F004) [2]
Foto aus dem Jahr 1945 der nach alliierten Bombenangriffen stark beschädigten Brauerei. Im Vergleich mit den umliegenden Gebäuden die völlig zerstört waren, hatte die Brauerei noch Glück gehabt
  
(F001)                                                                       (A001)
Die beiden Bilder stammen von der Eigelsteinausstellung des Kölner Stadtmuseums aus dem Jahr 2014. Links geht jedem Sammler das Herz auf. Alle wichtigen Gaffel Vorkriegsgläser (wie weiter unten noch einmal einzeln zu sehen) zusammen auf einem Bild. Natürlich eine Leihgabe von Heinrich Becker. Rechts zu sehen ist ein Ausschnitt aus dem dem Sonderblatt "Der Deutsche Eigelstein" des Westdeutschen Beobachers vom 26.04.1933. Kurz nach der Machtergreifung der Nazis wurde auch schon in dieser Sonderausgabe massive Hetze gegen die Juden betrieben. Wörtlich heißt es: "...Männer und Frauen aus Köln, besucht den altehrwürdigen Eigelstein, tätigt Eure Einkäufe in den deutschen u. christlichen Geschäften. Helft alle mit am Aufbau des Vaterlandes. Meidet das jüd. Warenhaus, kauft und bestellt nie etwas beim Juden. Merkt euch genau die Adressen der Firmen auf dieser Seite. Sie sind deutsch bis auf die Knochen u. liefern beste einwandfreie Waren zu Tagespreisen.
                                                                                                                                                                    
(A002)
Auch hier zeigt sich gut, wie schnell der Nationalsozialismus in Köln an Boden und Akzeptanz gewann. Die Anzeige aus dem Westdeutschen Beobachter vom 04.03.1933 kündet von der Umwandlung einer alten Kölschen Kneipe in das "Haus Neu-Deutschland", der "neuen Gaststätte des nationalen Deutschen"
(W001)
Werbeschild (Pappe? Blech?) der Obergräigen Brauerei in der Gaffel für "Gaffel-Bräu Qualitäts-Kölsch". Vermutlich aus den 1940er Jahren
(unbekannte Sammlung)
(W003) [2]
Einladung zur ÜBernahme des Restaurants in der Gaffel durch Heinrich Zörner am 16. Dezember 1932. Bemerkenswert ist das hier auch ein untergäriges Bier von Gaffel aufgeführt wird, das Gaffel-Bräu "Extra" nach Münchener Art
 
(W004) [2]
Werbekarte des Restaurant in der Gaffel, vermutlich aus den 1940er Jahren. Der Betreiber ist noch der gleiche wie links (W003), im Angebot ist aber jetzt "Dom-Pils" anstelle des "Gaffel-Bräu Extra"
(W007) [15, 01.01.1929]
Neujahrsgrüße des Gaffelbräu zum neuen Jahr 1929
 
(W008) [14, 19.04.1935]
Werbung aus dem Jahr 1935
(W010) [15, 30.11.1935]
Werbung aus dem Jahr 1935
(W006) [14, 08.12.1938]
Werbung aus dem Jahr 1938
 
(WL001) [15, 28.06.1939]
Das Brauhaus "St. Andreas" von Peter Langen wird nach der Neueröffnung im Juni 1939 zum Spezial-Ausschank der Gaffel-Brauerei
 
(W011) [14, 14.01.1940]
Werbung des Restaurants "In der Gaffel" aus dem Jahr 1940. Der Preis ist für die beste Bewertung einer Umfrage über die Restauration ausgesetzt.
Neben Gaffel Qualitäts-Kölsch ist mangels eigenem Pils Dom-Pils im Programm
 
(100) [14, 29.03.1936]
Anzeige der Werbe-Gemeinschaft Kölner Haus-Brauereien aus dem Jahr 1936
(105) [14, 01.05.1937]
Anzeige von Kölner Haus-Brauereien aus dem Jahr 1937

Der
Der Aufstieg nach dem zweiten Weltkrieg
Erst in den 50er und 60er Jahren kommt der große Aufschwung. Die Gaffel-Brauerei setzte voll auf den Trend Kölsch und expandiert enorm. 1962 wird erstmals die 100.000 hl Marke überschritten, 1967 betrug der Absatz 165.000 hl und 1972 wurde die 200.000 hl Marke erreicht. Im Jahr 1971 erhält die Brauerei Gaffel-Kölsch ihren heutigen Namen, "Privatbrauerei Gaffel Becker & Co.". 1998 wird der Brauerei als Tochter die Richmodis-Brauerei mit ihrer Braustätte in Porz angegliedert.
Der Jahresausstoß lag 2009 bei 460.000 hl, das war zu diesen Zeitpunkt Platz 2 hinter Reissdorf und vor Früh. Der Fassbieranteil betrug 70%. Es wurden ca. 105 Mitarbeiter beschäftigt.
Im Jahr 2011 gelang Gaffel mit der Einführung der "Fassbrause" eine kleine Sensation. Ein völlig neues Produkt wurde erfolgreich eingeführt, so erfolgreich, dass die Konkurrenz nachzog und die meisten Brauereien (zumindest die in Nordrhein-Westfalen) mittlerweile auch Fassbrause im Angebot haben. Bei Gaffel macht Fassbrause mittlerweile ca. 20% der Gesamtproduktion aus.
Die Braustätte am Eigelstein war längst zu klein geworden. Aus Platzgründen wurde schon länger das Flaschenbier in der Bolten-Brauerei in Korschenbroich und in der Brauerei Königshof in Krefeld abgefüllt. Ein Logistik- und Verteilzentrum wurde in Köln Bilderstöckchen aufgebaut. Im August 2014 wurde entschieden, dass die gesamte Bierproduktion aus Kapazitäts- und Produktivitätsgründen vom Eigelstein nach Porz-Gremberghoven in die Braustätte der übernommenen Richmodis-Brauerei verlagert wird. Ein logischer Schritt, der aber nur mit der Übergabe der Geschäftsführung von Heinrich Becker an seinen Sohn Heinrich Phillip Becker möglich wurde. Der Wechsel der Geschäftsführung war kein freiwilliger Akt, sondern das Ergebnis gerichtlichen Klagen von Heinrich Beckers Bruder Johannes (mehr Details zum "Bruderkampf" finden Sie weiter unten). Heinrich Becker starb am 19. Januar 2017 im Alter von 71 Jahren. 2020 sollen alle Standorte in Porz zusammengelegt und somit auch das Logistikzentrum in Bilderstöckchen geschlossen werden.
 
(F014) [#]
Foto eines Köbes-Wettrennen kurz nach dem Krieg. Auf der Scherpe ist "Gaffelbräu-Kölsch" zu erkennen. Im Hintergrund sind noch gut die Zerstörungen aus dem 2ten Weltkrieg zu sehen.
(GF001)
Teil eines bleiverglasten Fensters
(Sammlung Birven)
(W006)
Werbung mit Gaffel-Logo aus den 1980er Jahren

                                       
 
(F012) [5]
Foto der Brauerei aus den 2010er Jahren
(F011) [13]
Foto der leeren Brauereigebäude aus dem Jahr 2017. Gebraut wird schon in Porz, nichts weißt mehr auf Gaffel hin
(F010) [12)
Foto des Abrisses der Brauereigebäude aus dem Jahr 2018
                                        
 
(W005) [2]
Kunstpostkarte der Brauerei
(PK009) [2]
Kunstpostkarte der Brauerei 
(PK008) [2]
Kunstpostkarte der Brauerei 
                       

Firmierungen der Brauerei:  [11]
Zeitraum Firmierung Anmerkung
1822 – 1857 Brauerei zum Brüsseler Hof, Gottfried Joseph Schumacher Eigelstein 41
1857 – 1859 Brauerei zum Brüsseler Hof, Geschw. Schumacher  
1859 – 1870 Brauerei zum Brüsseler Hof, Reinh. Jos. Appell  
1870 – 1874 Brauerei zum Brüsseler Hof, Wwe. Reinh. Jos. Appell ab 1874 nur noch als Restauration betrieben
1987 – 1898 Brauerei Adam Lenzen  
1898 – 1899 Brauerei Heinrich Reißdorf jun. ab 1899 nur noch als Ausschank und Bierhandel der Glückauf-Brauerei AG aus Gelsenkirchen betrieben
1908 – 1970 Obergärige Brauerei in der Gaffel GmbH  
1970 – 1984 Gaffel-Brauerei Becker & Co.  
1984 – dato Privatbrauerei Gaffel, Becker & Co.  
 
Übernommene / Vorgänger - / Nachfolge- Brauereien:
In der nachfolgenden Tabelle sind alle Brauereien aufgeführt, welche Übernommen wurden, Vorgänger- oder Nachfolge-Brauereien waren. Für manche dieser Brauereien gibt es auf dieser Website eine eigene Brauereihistorie, welche über den angegebenen Link aufgerufen werden kann.
Brauerei von - bis / übernommen von / Anmerkungen Brauereihistorie
Richmodisbräu / Brauhaus Winter 1875-2010, im Jahr 1998 wurde die übrig gebliebene Richmodis-Brauerei von Gaffel übernommen und im Jahr 2015 verlagerte seine komplette Produktion nach Porz in die ehemalige Richmodisbrauerei
 

Anmerkungen
» Als einer der wenigen hat Gaffel nie andere Kölschsorten als Lohnsud gebraut.
» In der Gastronomie ist Gaffel mit einem Marktanteil von über 25% unangefochten Marktführer.
» Im Frühjahr 2002 wurde auf Mallorca die erste Kölsch-Kneipe eröffnet (Wirt: Hans Mombartz). Von Gaffel voll ausgestattet präsentiert sie sich dort einem Publikum, dass eigentlich nicht zur ersten Zielgruppe von Gaffel gehört.
» 1970 wurde zusammen mit der Bitburger Brauerei unter dem Dach der GA-BIT Brauerei-Abfüllbetrieb GmbH ein neues Abfüll- und Vertriebszentrum in Köln-Bilderstöckchen errichtet. Mitte der 80er Jahre zog sich Bitburger aus der Firma zurück.
» Die "Brauerei in der Gaffel" belegte 1967 mit einem Jahresausstoß von 165.000 hl den Platz 8 im Ranking der Kölner Brauereien.
» In den 80er Jahren wurde die Flaschenabfüllung bei der Altbier-Brauerei Gatzweiler in Düsseldorf durchgeführt!
» Der Versuch von Gaffel, Mitte der 90er Jahre ein Kölschglas in leichter Flötenform mit Fuß für die „gehobene“ Gastronomie auf den Markt zu bringen, scheiterte kläglich. Die in der Kölsch Konvention (» Die Kölsch-Konvention) festgelegte Form der Stange musste nach Protesten von anderen Brauereien eingehalten, die neuen Gläser wieder zurückgezogen werden.
» Gaffel brachte nach dem 600-Jahre Jubiläum der Gaffeln einige Jahre lang jährlich für kurze Zeit ein „Jubiläumsbier auf den Markt. Um Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, erschien auf den Etiketten aber nicht der Begriff „Kölsch“. Passend zum Jubiläumsbier wurden auch Biergläser in Flötenform auf den Markt gebracht, die beim ersten Versuch als Kölschgläser ja zurückgezogen werden mussten.
» Die Verbünde von Zünften und Kaufmannsgilden wurden in Köln „Gaffeln“ genannt. Der Name "Gaffel" bezeichnet ursprünglich eine meist zweizackige Tranchiergabel, wie sie bei Tischgesellschaften verwendet wurde. Die ersten Kölner Gaffeln wurden als kaufmännische Genossenschaften um die Mitte des 14. Jahrhunderts gegründet. Sie übernahmen 1396 bei einem Aufstand gegen die Patrizierherrschaft die Macht in Köln. Die 22 Kölner Gaffeln verfassten im selben Jahr die erste halbwegs demokratische Stadtverfassung Deutschlands.
» Ab November 2002 will Gaffel das eigentlich nur saisonal gebraute 1396er Bier unter dem schlichten Namen "1396" als Trendbier für die gehobene Klasse bundesweit auf den Markt bringen. Näheres hierzu auch unter der eigens eingerichteten Website www.gaffel1396.de.
Update 2011: die Produktion wurde, wohl mangels Kundschaft, eingestellt.
» Im Jahr 2007 ist Gaffel immerhin Deutschlands siebtgrößte Faßbierbrauerei.
» Anfang 2010 brachte Gaffel die neue Marke Gaffel Kölsch Classic auf den Markt. Diese Sorte ist ebenfalls ein Kölsch, aber wesentlich milder als das klassische Gaffel Kölsch. Vermutlich heißt es Classic weil es in Bügelflaschen angeboten wird (ansonsten hat es mit dem klassischen Gaffel Kölsch wenig zu tun). Ob dies nur ein Versuch ist oder langfristig die Produktpalette erweitern wird muss sich noch zeigen.
Ergänzung: mittlerweile (2016) hat es sich gezeigt, dass es nicht funktioniert. Gaffel hat das Produkt vom Markt genommen.
» Gaffel hat 2010 den Absatz um 3,5% gesteigert und ist nach eigenen Angaben mit 21% Marktanteil die zweitgrößte Kölsch-Brauerei (hinter Reissdorf).
» Seit 2007 liefern sich die Gaffel-Brüder Heinrich und Johannes eine öffentliche Schlammschlacht. Jeder will den anderen aus der Firma drängen, Sorgen um die Reputation der Firma scheint man sich nicht zu machen. Ganz am Ende dieser Web-Seite findet sich ein größerer Bericht zum Thema.
» Gaffel hat im Jahr 2013 den Absatz stabil gehalten. Insgesamt wurden 480 000 hl Getränke verkauft, davon sind allerdings 84 000 hl Fassbrause und ca. 5 hl SonnenHopfen. D.h. der Absatz an Kölsch betrug nur ca. 390 000 hl. Nach eigenen Angaben entspricht dies einem Marktanteil in der Gastronomie von 33% und in der Flasche bei 15%.
» Mittlerweile hat Gaffel auch Hochprozentiges im Programm. Da bei der Herstellung von alkoholfreiem Bier sowieso Alkohol als Nebenprodukt anfällt, bietet sich dies an. Angeboten wird "Papa Rhein (Korn), "Mama Nero" (Kräuterlikör), "Schwester Herz" (Johannisbeer-Likör) und "Plüsch Prumm" (Pfirsich-Likör).
» Gaffel experimentiert weiter. Gaffel Kölsch und der dänische Craftbier-Hersteller Mikkeller haben sich zusammen getan und im Januar 2019 ein neues Kölsch kreiert: das Viking Kölsch. Zuerst soll nur eine kleine Menge produziert und im "Gaffel am Dom" vertrieben werden. Was Kölsch und ein dänischer Craftbier-Produzent miteinander gemein haben, wird wohl Heinrich Philipp Beckers Geheimnis bleiben.
» Und weiter geht das experimentieren. Im Frühjahr 2020 wird das "Gaffel Wiess" auf den Markt gebracht. Es ist natürtrüb und soll an den Kölsch-Vorgänger erinnern. Es soll nur in Brauhäusern ausgeschenkt werden. Die Beschreibung von Gaffel lautet wie folgt: "Das Gaffel Wiess ist die obergärige Bierspezialität aus der Domstadt am Rhein – hell, ungefiltert und naturtrüb. Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts war das Wiess das Nationalgetränk der Kölner und somit der Urvater des Kölschs, wie wir es heute kennen. Der süffige und milde Charakter macht diesen Bierklassiker zu einem echten Geschmackserlebnis – besonders in geselliger Runde. Prost zesamme!".
 

Historische Brauereiwerbemittel der Brauerei
Von der Gaffel-Brauerei sind von vor dem zweiten Weltkrieg fast keine Krüge, Gläser oder sonstige Werbemittel bekannt. Im Gegensatz dazu ist Anzahl der Werbemittel insbesondere der letzten 20 Jahre inflationär. Nachfolgend abgebildet werden nur Werbemittel aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg und der 1950er Jahre. Weitere Werbemittel der Brauerei aus der jüngeren Zeit bis dato finden Sie auf www.koelschinfo.de im Bereich Kölschmarken -> Gaffel

Tonkrüge
     
(K004)
Der einzige bekannte Krug aus Vorkriegszeiten. Ca. 1 L, Eichung aber unklar
(Sammlung Becker)
                                                                                                               

Gläser
(G002)
Emailliertes Pilsglas "Gaffel-Bräu" "Köln"
(Sammlung Becker)
(G001)
Emaillierte Kölschstange "Gaffelbräu" "Echt Kölsch" "Köln", 5/20 l geeicht
(Sammlung Becker)
 
(G003)
Lithographierte Kölschstange "Gaffel Kölsch", 0,25 l geeicht
(Sammlung Becker)
  
     
(G005)
Kelch mit altem Gaffel-Logo
(Sammlung Becker)
                                                                                                                                                 

Etiketten
(030)
Mit Logos des Bierverlegers Harzheim
(Sammlung Mittenzwey)
(038) (042)
(Sammlung Hildner)
(016)
 
(022)
Gibt es in 99x68 mm und 105x68 mm und in gelb bis ocker
(023) (017)  

Bierdeckel
 
(006)
"Echt Kölsch"
Bierdeckel aus dem Jahr 1926
(unbekannte Sammlung)
(167)
"Echt Kölsch"
(unbekannte Sammlung)
(093)
"Echt Kölsch"
(unbekannte Sammlung) 
                                                               
(069)
"Gaffel-Bräu" "Qualitäts-Kölsch"
(unbekannte Sammlung)
(165)
(Sammlung Hildner)

 

(001)

 

   
(002)

 

(014)
"Köln's grösste + modernste obergärige Brauerei"
                                                                                                                                  
 

Zusammenfassung des "Bruder-Kriegs"
Seit 2007 liefern sich die Gaffel-Brüder Heinrich und Johannes eine öffentliche Schlammschlacht. Heinrich Becker wollte seinen Bruder Johannes aus der Geschäftführung drängen und damit begann die Schlacht. Ohne Rücksicht auf Verluste und die Reputation der Firma wurde öffentlich gestritten. Dabei kamen Dinge ans Licht, die eher an eine amerikanische Soap erinnern als an ein bodenständiges, in Köln verwurzeltes Unternehmen. Die Klage wurde 2011 abgewiesen, Johannes Becker hat aber bereits Berufung eingelegt.

Der folgende Artikel des von Willi Feldgen im Kölner Stadtanzeiger vom 9.7.2011 gibt einen guten Überblick.
Der vierjährige Gerichtsstreit der Gaffel-Brüder Johannes und Heinrich Becker ist beendet: Das Landgericht hat die Klage von Johannes Becker gegen seinen Bruder abgewiesen. Beide hatten sich gegenseitig Untreue zum Nachteil der Brauerei vorgeworfen.
Der Rechtsstreit der Gaffel-Brüder Johannes und Heinrich Becker ist - vorerst - beendet.
KÖLN - Vier Jahre hat ihre Auseinandersetzung vor dem Kölner Landgericht gedauert – nun wurde am Freitag ein Urteil verkündet: Die Klage von Gaffel-Brauer Johannes Becker (61) gegen seinen Bruder, Gaffel-Brauer Heinrich Becker (64), wird abgewiesen, und der Kläger muss die kompletten Gerichtskosten tragen (Az.: 89 0 4/07). Damit gilt: Johannes Becker, Minderheitsgesellschafter der Gaffel-Brauerei mit einem Anteil von 38 Prozent, ist als Geschäftsführer des Familienunternehmens abgesetzt.
Vorausgegangen war ein erbittert geführter Streit: Im Jahr 2007 hatten seine Mitgesellschafter Johannes Becker wegen Differenzen über die Geschäftsstrategie der Brauerei als Geschäftsführer abgesetzt. Vor Gericht klagte dieser aber auf seine Wiedereinsetzung – und gleichzeitig auf Abberufung seines eigenen Bruders aus der Geschäftsführung.
Mammutprozess mit 45 Zeugen
Sein Vorwurf lautete auf Spesenbetrug. Heinrich Becker, der damals ebenfalls 38 Prozent an der Brauerei hielt, seinen Anteil Mitte 2008 aber auf 62 Prozent ausbauen konnte, habe in erheblichem Umfang Privatausgaben als Geschäftskosten abgerechnet und damit Vermögen der Brauerei veruntreut. In einer Widerklage erhob Heinrich Becker aber genau dieselben Vorwürfe gegenüber seinem Bruder.
Schon beim „Gütetermin“ im November 2007 hatte Frank Czaja, Vorsitzender Richter der 9. Kammer für Handelssachen, die verfeindeten Brüder aufgefordert, sich im Interesse ihres Unternehmens außergerichtlich zu verständigen. Aber dazu kam es nicht, und so wurden in vier Jahren 45 Zeugen vernommen: Geschäftspartner, Getränkegroßhändler, Brauereichefs, ein Verlagsgeschäftsführer, die Geschäftsführer des Kölner Brauerei-Verbands und des Deutschen Brauerverbands, Gaffel-Angestellte und hochrangige Mitarbeiter von Kölner Banken mussten vor Gericht aussagen.
Ungewöhnliche Abrechnungen
Was dabei zutage trat, war erstaunlich: Hunderte von angeblichen Geschäftsessen in zum Teil noblen Kölner Restaurants wie bei „Luciano“, im „Excelsior“, im „Hasen“, bei „Da Marco“ oder im „Golfclub Lärchenhof“ – zum Teil sogar an Feiertagen wie Weihnachten oder Silvester – hatten tatsächlich nicht mit den auf den Bewirtungsbelegen aufgeführten Gästen stattgefunden. Es gab sogar eine zeitgleiche Abrechnung für ein Geschäftsessen in New York und eines in Köln. Private Handy-, Reise- und Tankkosten waren auf Kosten der Brauerei abgerechnet worden; von Gaffel-Mitarbeitern wurden Arbeiten an den Häusern der Brauerei-Gesellschafter erledigt, das Schwimmbad abgedichtet, die Garage verputzt, die Hunde gehütet oder die Porsches betankt. Ein Brauerei-Fahrer brachte dem Sohn eines Gesellschafters frisches Gaffel-Kölsch für eine Party nach Paris, fuhr eine Becker-Tochter in ihre neue Wohnung nach Mailand oder organisierte private Umzüge von Berlin nach Köln und Koblenz.
Für das ungewöhnliche Abrechnungsgebaren interessierte sich bald auch der Fiskus, weil nur echte Geschäftsausgaben steuerlich begünstigt werden, nicht dagegen Privatausgaben, die als geschäftliche abgerechnet werden. Nach einer Selbstanzeige hat zumindest Heinrich Becker Rückzahlungen in ungenannter Höhe an das Unternehmen und an das Finanzamt geleistet.
Keine Entscheidung über mögliche Revision
Das Fehlverhalten der Brüder exakt gegeneinander aufzurechnen, darauf verzichtete Czaja in seinem Urteil, das den Parteien im Wortlaut erst am Montag zugestellt wird. Die Verfehlungen seien aber auf beiden Seiten gravierend gewesen. Es sei daher nicht zu rechtfertigen, den Gaffel-Geschäftsführer Heinrich Becker ab- und seinen Brüder Johannes wieder einzusetzen. Somit werde bei Gaffel alles bleiben wie es ist.
„Wir freuen uns darüber, dass das Landgericht unserer Auffassung gefolgt ist“, kommentierte Heinrich Becker das Urteil. „Ich hoffe, dass mein Bruder nunmehr einsieht, dass eine konstruktive Zusammenarbeit unter Gesellschaftern weiterführt als sinnloses Prozessieren.“
Ein Anwalt von Johannes Becker teilte mit, man werde die Urteilsgründe prüfen und entscheiden, ob man Revision vor dem Oberlandesgericht einlegt. Dort war Johannes Becker jedoch schon mal mit dem Versuch gescheitert, seine Abberufung als Geschäftsführer zu revidieren.

Kommentar zu Gaffel - Mutwillig den Ruf ruiniert (von Willi Feldgen)
Der langjährige Rechtsstreit der Gaffel-Brüder Johannes und Heinrich Becker hat sowohl der Finanzkraft der Brauerei als auch dem Renommee der Marke geschadet. Der nun vor dem Landgericht unterlegene Johannes Becker wäre gut beraten, die Sache nun ruhen zu lassen.
Der Rechtsstreit der Gaffel-Brüder Johannes und Heinrich Becker ist - vorerst - beendet.
Dass sich die beiden Becker-Brüder, Inhaber der Gaffel-Brauerei, eine öffentliche Schlammschlacht vor Gericht lieferten, hat auch viele Wettbewerber aus der Branche entsetzt. Und die bisherige Auseinandersetzung hat der Marke Gaffel – immerhin eine der drei großen Kölsch-Marken in der Stadt – natürlich nicht genutzt.
Ganz im Gegenteil: Das Verfahren hat gezeigt, dass beide Gesellschafter in den vergangenen Jahren nicht zimperlich waren, wenn es darum ging, sich privat veranlasste Ausgaben vom eigenen Unternehmen bezahlen zu lassen. Diese Selbstbedienungsmentalität schwächte nicht nur die Finanzkraft der Brauerei, sondern reduzierte auch die Steuerbelastung – und schädigte damit die Allgemeinheit.
Wiederholt hatten in den zurückliegenden Jahren Kölner Richter die Prozessbeteiligten fast schon flehentlich aufgerufen, sich doch möglichst außergerichtlich zu einigen und damit Schaden von der Gesellschaft und dem eigenen Renommee abzuwenden. Doch diese Versuche blieben erfolglos.
Sicher war es nicht klug, den Gaffel-Gesellschafter Johannes Becker seines Postens als Brauerei-Geschäftsführer zu entheben. Andererseits war es – gelinde gesagt – blauäugig von ihm, angesichts seiner im Verfahren auch offensichtlich gewordenen Verfehlungen verbissen um seine Wiedereinsetzung zu kämpfen: Dieser Schuss ist jedenfalls nach hinten losgegangen.
Johannes Becker ist mit seiner Klage auf ganzer Linie gescheitert. Er wäre wohl gut beraten, nun nicht aufs Neue dickköpfig in die nächste Instanz zu ziehen.

Update aus dem Kölner Express vom 13.10.2011: "Johannes Becker will Gaffel-Brauerei auflösen".
Paukenschlag im Bruder-Streit zwischen den Gaffel-Brüdern Heinrich und Johannes Becker: Johannes Becker fordert jetzt den Verkauf der Gaffel-Brauerei, um den Streit zwischen den Parteien endgültig zu beheben.
„Das Vertrauen zwischen den Gesellschaftern ist beidseitig zerrüttet“, bestätigt Anwalt Michael Falter den Antrag vor Gericht, die Gesellschaft Privatbrauerei Becker & Co. OHG auflösen zu wollen, falls das Gericht Heinrich und seinen gleichnamigen Sohn nicht als Gesellschafter ausschließt.
„Es wäre für beide Seiten ein guter Schritt, weil der Meistbietende nachher die Firma zurückkaufen könnte“, so Falter. „Damit wäre der Streit zwischen den Brüdern zumindest aus Firmensicht beendet.“
Im September hatte Johannes Becker erfolgreich geklagt, dass die geschäftsführenden Gesellschafter, Heinrich Becker und sein Sohn, den Jahresabschluss 2010 aufstellen und aushändigen müssen.
Der Antrag auf Auflösung der Brauerei sei „aussichtslos“, konterte Heinrich Becker jr. Die Entscheidung werde sich erübrigen, da „eine Ausschlussklage gegen Johannes Becker wegen grob gesellschaftsschädigenden Verhaltens eingereicht worden ist“.

Update aus dem Kölner Stadt-Anzeiger vom 22.11.2012: "Landgericht weist Gaffel-Klage ab" (von Evelyn Binder)
Gesellschafter Johannes Becker wird nicht ausgeschlossen - Auflösung der Gesellschaft möglich.
Köln. Im Bruderstreit der Gaffel-Gesellschafter Johannes und Heinrich Becker ist Heinrich in einer wichtigen Klage unterlegen: Vor dem Landgericht Köln wollte er den Ausschluss seines Bruders Johannes als Gesellschafter erwirken, der noch mit 38 Prozent an dem Unternehmen beteiligt ist. Das Landgericht wies die Klage mit einem Streitwert von 2,5 Millionen Euro nun aber ab. Selbst wenn die Vorwürfe begründet wären, rechtfertigten sie nicht einen Ausschluss, hat das Landgericht entschieden. Die beiden Brüder tragen ihren Streit um die Macht bei Gaffel seit der Absetzung von Johannes Becker als Geschäftsführer durch Heinrich vor gut sechs Jahren öffentlich aus. Heinrich Beckers Familie hält 62 Prozent der Anteile. Insgesamt standen und stehen sich die Brüder in 17 Gerichtsverfahren als Kontrahenten gegenüber. In diesem Fall, der nun vor dem Landgericht verhandelt wurde, hatte Heinrich Johannes vorgeworfen. Geschäftsgeheimnisse an ein Wirtschaftsmagazin weitergegeben zu haben. Er habe dort zudem neue Vorwürfe wie etwa den des Kreditbetrugs erhoben. Zudem soll Johannes Becker Kartellamtsermittlungen angestoßen haben. Er habe mit seinem Verhalten der Firma geschadet, so der Vorwurf. Doch der Ruf des Unternehmens war nach Auffassung des Landgerichts längst ramponiert: Durch den öffentlichen Streit sei
bereits so viel Porzellan zerschlagen worden, dass durch den Magazinbericht der "negative Eindruck nicht noch mehr vertieft werden konnte", so das Landgericht. Das Gericht sieht für die Umstände zudem eine erhebliche Verantwortung, wenn nicht sogar eine überwiegende Mitverantwortung des
Klägers. "Für uns ist die Entscheidung des Landgerichts ein großer Erfolg", sagte Rechtsanwalt Michael Falter, der Johannes Becker vertritt. Die Gegenseite hingegen kann die Entscheidung nicht nachvollziehen: ,,Das Gericht geht von einem falschen Sachverhalt aus", sagte Heinrich Beckers Anwalt Ralph Drouven, und die rechtliche Würdigung sei zum Teil fragwürdig. Er kündigte an, umgehend in Berufung zu gehen. ,,Das Urteil wird keinen Bestand haben", glaubt Drouven. Enden könnte der Streit in einer Auflösung der Gesellschaft, die die Gaffel-Brauerei betreibt. Die Brauerei könnte dann meistbietend verkauft werden. Das Oberlandesgericht hat dies in einem anderen Verfahren bereits als Option bezeichnet, wollte jedoch die Entscheidung des Landgerichts abwarten. Allerdings wollen beide Brüder an der Brauerei festhalten. Bei einem Bieterverfahren könnten auch Dritte Angebote abgeben.
,,Die Entscheidung des Landgerichts zeigt, dass jedenfalls Johannes Beckers Antrag auf Auflösung der Gesellschaft berechtigt war", sagt dessen Anwalt Michael Falter. Heinrich Beckers Rechtsbeistand Drouven kann sich ,,nicht vorstellen, dass die Gesellschaft aufgelöst wird".

 


Informationen aus Brauereiverzeichnissen  [9,10,11]
1910 Obergärige Brauerei in der Gaffel m.b.H., Eigelstein 41.
Inh.: G.m.b.H. Gschf.: Peter Becker (Worringen). F.: 2352
1934 Obergärige Brauerei in der Gaffel m.b.H.
Betrieb: Köln, Eigelstein 41. Kontor: Köln, Am Salzmagazin 42, Postfach 444. Gegründet: 1908. Postsch.-Konto: Köln 65306. Tel. Betrieb u. Kontor: Norden 78117 u. 78122. Draht.: Gaffelbräu Köln. Stammkapital: RM 75 000. Geschäftsjahr: 1./1. - 31./12. Gesellschafter: Johann Becker, Köln-Worringeıı, Peter Becker, Köln-Thenhoven, Frau Wwe. Gerhard Becker, Kö1n-Lindental. Geschäftsführer: Peter Becker. Braumeister: Heinr. Esser. Betrieb: Sudhausanlage (Miag, Braunschweig), Kühlmaschinen (Freundlich, Düsseldorf), Faß- u. Flaschenreinigung (Vulkanwerke A.-G., Berlin); Kraftwagen. Produktion: Obergärige Biere (Echt Kölsch), ferner Eis. Nebenprodukte-Verwertung: Durch Verkauf.
Angestellte: 5. Arbeiter: 8.
1939 Obergärige Brauerei in der Gaffel m. b. H.
Köln, Am Salzmagazin 42, Postfach 444, Fernruf: 78117 und 78122. Drahtanschrift: Gaffelbräu Köln.
Gründung: 24. Mai 1908. Produktion: Obergäriges Bier. Stammkapital: RM 75000. Geschäftsjahr: Kalenderjahr.
Anteileigner: Peter Becker, Köln-Thenhoven; Heinrich Becker, Köln-Worringen. Geschäftsführer: Peter Becker. Postscheckkonto: Köln 653 06.
Anlagen: Sudhaus mit Feuerkochung, -35 Ztr. Schüttung (System Miag, Braunschweig); Lagerung in Aluminium- und Stahltanks; 1 Eismaschine, Faßreinigungsmaschinen, Saug- Gas-Generator-Anlage, Dieselmaschine; -1 Lastkraftwagen.
Das Unternehmen gehört an: Brauwirtschaftsverband Westdeutschland, Köln; Wirtschaftsgruppe Brauerei und Mälzerei, Berlin - Bezirksgrüppe Rheinland. Gefolgschaft: 15 Arbeiter und Angestellte.
 
 
 
Quellen
1 Historisches Verzeichnis alter Biergläser/Krüge aus dem Köln/Bonner Raum, Hrsg.: Wolfgang Wukasch
2 Presse-Bilderarchiv der Gaffel-Brauerei, https://www.gaffel.de/Presse---Bilder/Bilder/6_2_Pressebilder.html
3 www.baller.nl (Homepage der Familie Baller aus den Niederlanden)
4 "Köln auf alten Ansichtskarten", Herausgeber: Kölnisches Stadtmuseum, Michael Euler-Schmidt, Asmuth Verlag Köln, 1995
5 https://www.koelner-brauerei-verband.de/koelsch/koelsch-brauereien/privatbrauerei-gaffel-becker-co-ohg.html
6 "Deutscher Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischer Staats-Anzeiger", Berlin, Ausgaben: 25.05.1867, 03.06.1908, 30.03.1918
7 "Trinkt Kölner Bier - Quer durch Kölner Brauhäuser", Artikel einer Sonderbeilage des Kölner Tageblattes vom Sonntag den 15. Dezember 1929
8 "Kölner Kneipen im Wandel der Zeit (1846 bis 1921), Lambert Macherey, 1921, Selbstverlag
9 Adressbuch für die gesamte Brau-Industrie Europas, Band I: Deutschland, 8. Jahrgang, 1910, Verlag von Eisenschmidt & Schulze GmbH, Leipzig
10 Die Deutschen Brauereien, Firmenjahrbuch des Deutschen Brauer-Bundes, Verlag für Rechts- und Wirtschaftsliteratur A.-G., Berlin u. Leipzig, 1934
11 Die Brauereien und Mälzereien im Deutschen Reich 1939-40, 38. Auflage, 1940, Verlag Hoppenstedt & Co., Berlin
12 "Traditionsbrauerei Gaffel liegt in Trümmern", Artikel von Corinna Schulz im Kölner Stadtanzeiger vom 12. Juni 2018, Foto: Peter Rakoczy
13 "Gaffel-Brauhaus am Eigelstein weicht bis 2020 einem Hotel", Artikel von Matthias Hendorf in der Kölner Rundschau vom 27. Juli 2017
14 Zeitschrift "Der Neue Tag", Ausgaben 19.04.1935, 29.03.1936, 01.05.1937, 14.01.1940
15 Kölner Lokal-Anzeiger, Ausgaben 17.10.1887, 01.01.1929, 30.11.1935, 28.06.1939
16 Kölner Sonntags-Anzeiger, Ausgaben 24.03.1878, 23.03.1879, 03.03.1879, 29.10.1882, 16.11.1884, 08.05.1887, 16.10.1887, 03.03.1889, 22.09.1889
17 Rheinisches Bildarchiv, https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05700475/rba_640363